Neu und ungetragen, für H&M Grund genug zum Verbrennen! H&M legt in der Werbung viel Wert auf Recycling-Initiativen und ein nachhaltiges Image. Nun decken dänische TV-Reporter des Fernsehsenders TV2 aber auf, dass die Modekette jedes Jahr tonnenweise unverkaufte Kleidung verbrennt. Das ist allerdings keine gute Werbung für eine Modefirma, die gerade um ihre Existenz bangt.

Als einer der weltweit größten Modehändler steht H&M immer wieder im Fokus, wenn es um die Auswüchse der Textilindustrie geht. Seit einiger Zeit befindet sich H&M gar in Bedrängnis, denn die wachsende Online-Konkurrenz macht es dem schwedischen Modehaus zunehmend schwerer. Daher steuert seit einigen Jahren H&M mit Initiativen für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Nachhaltigkeit dagegen.

So können etwa Kunden in Deutschland seit 2013 alte Klamotten in die H&M Filialen bringen, damit diese einem sinnvollen Zweck zugeführt werden können – als Second-Hand-Ware oder zur Weiterverarbeitung in Putzlappen und Dämmmaterialien. „Bringen Sie uns Ihre aussortierte Kleidung, ganz gleich von welcher Marke oder in welchem Zustand sie ist. Wir sorgen dafür, dass etwas Neues daraus entsteht. Werfen sie Mode nicht in den Müll“, heißt es in einer deutschen Werbekampagne von H&M. Umweltfreundlich und nachhaltig soll die Produktion der Kleidung sein, dazu würden alte Stücke recycelt.

Doch was der dänische Sender TV2 in einer aktuellen Reportage berichtet, passt so gar nicht zu diesem Recycling-Gedanken. Reporter des öffentlich-rechtlichen Senders mit Sitz in Odense fanden heraus, dass H&M jedes Jahr tonnenweise neue, unverkaufte Kleidung verbrennt. Die Recherchen zeigen, dass in einer Verbrennungsanlage im dänischen Roskilde seit 2013 jährlich im Schnitt 12 Tonnen fabrikneue Kleidung durch den Schornstein gehen. Der Verdacht: Kleidung, die sich im schnell drehenden Modegeschäft nicht verkauft, wird hier schnell und günstig entsorgt, um Platz für neue Kollektionen zu schaffen.

In einer Stellungnahme gegenüber TV2 bestreitet H&M ein solches Vorgehen: Wenn sich etwas nicht verkaufe, werde es eben in andere Filialen gebracht und dort verkauft, erklärt Nachhaltigkeitsmanagerin Mia Møgelgaard. Kleidungsmüll gebe es nicht. Lediglich einige wenige defekte Kleidungsstücke kämen direkt zu Recyclingpartnern zum Beispiel in Deutschland.

Konfrontiert mit den Rechercheergebnissen des Senders bestätigte der schwedische Modehersteller das Verbrennen von Kleidung, allerdings nicht wegen Überproduktion, sondern auf Grund von erheblichen Qualitätsmängeln. Viele Stücke seien bei der Lagerung mit Wasser in Berührung gekommen, seien von Schimmel befallen gewesen oder weisen eine zu hohe Konzentration von gesundheitsschädlichen Stoffen wie etwa Blei auf.

Die TV2-Journalisten haben Zweifel an dieser Erklärung. Sie haben nicht nur interne Dokumente ausgewertet und Gespräche mit Ex-Mitarbeitern geführt. Sondern auch einige der zur Verbrennung bestimmten Kleidungsstücke in die Hände bekommen: Bei einer 1.580 Kilo schweren Lkw-Lieferung aus dem Juni dieses Jahres, entdeckten sie unter anderem fabrikneue Hosen für Kinder und Frauen, sogar die Preisschilder war noch dran.

Laut H&M waren Produkte dieser Charge zu stark mit Blei belastet und daher für die Verbrennung bestimmt. Bei eigenen Laboruntersuchungen der angeblich verseuchten Hosen konnte TV2 dagegen keine erhöhte Schadstoffbelastung feststellen. H&M legte daraufhin eine Testbericht vor, laut dem in einer der Hosen ein Teil belastet war, dass TV2 nicht getestet hatte. Doch selbst wenn H&M in diesem Fall recht haben sollte, bleibt die Frage, wieso der Konzern jedes Jahr tonnenweise Ausschuss für den Kamin produziert und warum dieses nicht in den Nachhaltigkeitsberichten der Modekette auftaucht.

von

Günter Schwarz – 17.10.2017