(København) – Dänemarks Justizminister Søren Pape Poulsen hat auf Expertenratschläge gehört und verzichtet in einem neuen Gesetzesentwurf darauf, die Strafmündigkeit Jugendlicher von den in Dänemark geltenden 15 Jahren auf 12 Jahre herabzusetzen. Bestrafen will er Straftäter im Kindesalter ab 12 Jahren dennoch früher als bisher – mit der Hilfe eines sogenannten Jugendkriminalrates.

Wenn Jugendliche ab zwölf Jahren in Zukunft Straftaten begehen, soll ein Jugendkriminalitätsrat sich dieser Fälle annehmen. Innerhalb dieses Rahmens sollen Jugendliche schon ab dem Alter von zwölf Jahren bestraft werden können. Das schlägt Justizminister Søren Pape Poulsen (Det Konservative Folkeparti) in einem neuen Gesetzentwurf vor.

„Es gibt noch immer einen harten Kern, den wir nicht erreichen. Ein Prozent eines Jugendjahrgangs begeht 44 Prozent der Kriminalität“, sagt Pape, denn dem derzeitigen System fehle es an „Richtung und Konsequenz“.

Statt das Mindestalter der Strafmündigkeit herabzusetzen, will die Regierung nun also eine sogenannte „Jugenduntergrenze“ einführen, die bei zwölf Jahren liegt. Die Forschung hat gezeigt, eine frühere Strafmündigkeit hat fatale Folgen.

Die drei Regierungsparteien aus Venstre, Det Konservative Folkeparti und Liberal Alliance und die Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) hatten sich bisher dafür eingesetzt, dass Jugendliche früher strafmündig werden. Bereits 2010 hatte die erste von Lars Løkke Rasmussen (Venstre /Rechtsliberale Partei) geführte Regierung die Strafmündigkeit von 15 auf 14 Jahre herabgesetzt – mit fatalen Folgen für die Jugendlichen, wie eine jüngst veröffentlichte Studie zeigt.

Die jungen Täter, die meist Sachbeschädigungen und Ladendiebstähle auf dem Kerbholz hatten, wurden demnach durch die juristischen Konsequenzen stigmatisiert, brachten schlechtere Leistungen in den Schulen und schlugen später häufiger eine kriminelle Laufbahn ein als Altersgenossen, die einer Strafverfolgung entgingen.

„Nun ist es in Stein gemeißelt, dass die Senkung der Strafmündigkeit negativ gewirkt hat“, sagte der Vorsitzende des Kriminalpräventiven Rates in Dänemark, Henrik Dam, vor einigen Tagen zu „Information“. „Es ist das Schlechteste, was man gegen Kinderkriminalität zum Einsatz bringen kann“.

Die zwischenzeitliche sozialdemokratisch geführte Regierung hatte diese Maßnahme 2012 wieder rückgängig gemacht, die Untergrenze für Strafmündigkeit wieder von 14 auf 15 Jahre angehoben. Die rechtspopulistische Dansk Folkeparti forderte bisher ungeachtet aller Empfehlungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse die Herabsenkung der Strafmündigkeit auf zwölf Jahre. Zudem sollte, so die Übereinkunft mit den Regierungsparteien bisher, ein Jugendgericht eingeführt werden. Von beidem ist im neuen Vorschlag der Regierung nunmehr nichts mehr zu lesen.

„Ich will mir das Recht vorbehalten, als Politiker auf Argumente zu hören, und ich behalte mir das Recht vor, klüger zu werden“, so Justizminister Pape am Freitag. Der neue Entwurf sei in Zusammenarbeit mit der Polizei und Sozialberatern entstanden. „Ich habe mich davon überzeugen lassen, dass das hier das Richtige ist“, sagt er.

Anstatt hinter Gitter zu kommen, sollen Jugendliche zwischen zwölf und 15 Jahren zukünftig sogenannte Jugendauflagen bekommen. Die gibt es bereits – die Maßnahme soll aber ausgeweitet werden. Dies kann einfach die Auflage sein, dass die Jugendlichen regelmäßig zur Schule gehen – es kann aber auch die Unterbringung in einer Jugendeinrichtung bedeuten.

„Jugendlichen muss auferlegt werden können, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt zu Hause sind oder aufräumen, wenn sie Sachbeschädigung begangen haben“, sagt die Kinder- und Sozialministerin Mai Mercado (Det Konservative Folkeparti). Immer, wenn die Jugendlichen eine Auflage bekommen, soll erwogen werden, ob auch die Eltern eine Auflage bekommen, sagt sie. „Es kann nicht sein, dass es Eltern gibt, die tatenlos zusehen, wie ihre Kinder nachts durch die Straßen laufen“, so Mercado, „wir wollen uns nicht damit abfinden, dass ein kleiner harter Kern von Kindern und Jugendlichen tut, was ihm gefällt“.

Die Entscheidungen des neuen Rates sollen bindend sein und nötigenfalls auch von der Polizei durchgesetzt werden können. Ein Jugendaufsichtführender soll den Verlauf begleiten.

2018 sind für die Umsetzung der Pläne 61,2 Millionen Kronen (8.2 Millionen Euro) angesetzt. Ob das Geld allerdings bewilligt wird, hängt auch davon ab, ob die Dansk Folkeparti der Minderheitsregierung zustimmt. Sie hat sich bereits kritisch zu dem Thema geäußert, dass die Regierung von den ursprünglichen Vereinbarungen, Jugendliche möglichst früh und hart zu bestrafen, abgewichen ist.

von

Günter Schwarz – 31.10.2017