Mit der Idee, unsere Kolumne von kiel-inSITE auf kultur-inSITE umzuschwenken, haben wir uns einer großen Aufgabe gestellt. Insbesondere auch deswegen, weil wir mit einer Kulturkolumne nicht ohne das Internet auskommen.

Demzufolge haben wir stundenlang darüber diskutiert, ob es Sinn macht, eine Kulturkolumne auf Facebook zu bewerben? „Kultur passiert immer in der Mitte der Gesellschaft“, sagt die aus Wolgograd stammende Schauspielerin Olga Gronchar, die an Themen und Inhalten dieser Kolumne nicht unbeteiligt sein wird. Nun soll unsere Kolumne den Begriff der Kultur nicht neu definieren, sondern bereits vorhandene Strukturen aufgreifen.

Aus diesem Grunde ist es uns unmöglich, auf Facebook zu arbeiten. Facebook passiert zwar aus der Mitte der Gesellschaft, transportiert dabei aber eine ganz andere Kultur, als die, die wir verbreiten wollen. Wenn wir an Kultur denken, dann denken wir an verschiedene Bücher, Gemälde von Francesko de Goya, Frida Kahlo, oder die griechische Skulptur der Venus von Milo. Diese Werke waren und sind zwar maßgeblich an der Weichenstellung unseres Kulturverständnisses beteiligt – viele der Arbeiten von Goya oder Kahlo dürften wir auf Facebook allerdings gar nicht abbilden; weil sie die „Community Standards“ des US-amerikanischen Online-Riesen verletzen. Sie zeigen nackte Brüste – und fallen somit der amerikanisch puritanisch folgenden „Facebook-Zensur“ zum Opfer.

Auch wenn wir nicht vorhaben „nackte Brüste“ zu unserem Aushängeschild zu machen, so haben wir nicht vor, unser Kulturverständnis diesem Diktat zu unterwerfen. „Dank Facebook habe ich Links gesehen, wo Menschen lebendig verbrannt oder mit einem Messer enthauptet werden. Bilder von schwerverletzten Verkehrsopfern und gar zu Tode gefolterten Personen. Bilder, die man nie wieder vergisst!“, zetert die 19-jährige Anna. „Auf Facebook werde ich ständig von völlig fremden Männern belästigt oder von fremden Menschen beleidigt und pepöbelt. Ist DAS die Kultur, die wir noch bewerben sollen?! Dann ohne mich!“, entscheidet die junge Russin.

In der Tat wollen wir nicht darauf verzichten, Kultur wie Malerei, Skulptur, Filme, Theater, Musik oder Literatur vorzustellen. Sehr wohl aber wollen wir uns von der auf Facebook herangezüchteten Verwahrlosungskultur lossagen. Kurz: Wir unterstützen kein Netzwerk, welches mit seinen „Community Standards“ Weltkultur torpediert und gleichzeitig eine Plattform für Gewaltverherrlichung und Verrohung schafft. Aus diesem Grunde werden wir für unsere Kolumne eine eigene Domain registrieren und uns anderer sozialer Medien bedienen – nämlich solchen, auf denen antike Skulpturen nicht mit Pornografie gleichgestellt werden.

Den begeisterten Facebook-Usern raten wir, sich die Posts in der Timeline einmal genauer anzuschauen, und sich die Frage zu stellen, ob DAS die Art von Kultur ist, der sie sich zugehörig fühlen wollen?

Die Domain von kultur inSITE werden wir nach Fertigstellung an dieser Stelle veröffentlichen.

Olga Gronchar, Olga Suvorova, Anna Davydova, Nastya & Michael Schwarz, 3.11.2017