Der am 07 März 1846 in Aarhus als zweiter Sohn von sechs Söhnen eines Handwerkers geborene dänische Sprachwissenschaftler Karl Adolf Verner verstirbt am 05. November 1896 in København.

Der Vater war 1840 aus der Gegend von Chemnitz als Strumpfwirkergeselle in Dänemark eingewandert und hatte sich mit der Tochter eines dänischen Zollbeamten verheiratet und es durch Fleiß, Intelligenz und Energie allmählich bis zum selbständigen Betrieb einer Tuchfabrik gebracht.

Verner kam schon mit vier Jahren in den öffentlichen Unterricht, durchlief die zunächst die Bürgerschule und dann die Kathedralschule, das Gymnasium seiner Vaterstadt Aarhus, das er als „primus omnium“ verließ, um in København classische Philologie zu studieren. Aber der damalige Betrieb des Faches, wie ihn Madvig gestaltet hatte und beherrschte, schloss die Sprachwissenschaft so gut wie ganz aus und verpönte geradezu die Beschäftigung mit den lebendigen Sprachen und Dialekten; so wendete Verner, den eben diese Dinge schon auf der Schule lebhaft interessiert hatten, dem „Brotstudium“ bald den Rücken und trieb Sanskrit bei Westergaard, slavische Sprachen bei C. W. Smith, nordische Philologie und vergleichende Sprachwissenschaft bei K. J. Lyngby.

Von dem letztgenannten, der mit allen modernen Bestrebungen der Linguistik Fühlung hatte und seinerseits als Spezialgebiet die dänischen Mundarten pflegte, hat Verner als Student wohl die meiste Förderung erfahren, dazu trat später der höchst anregende Umgang mit dem nur um vier Jahre älteren Vilhelm Thomsen, welcher sich 1869 habilitierte. Als sein eigentliches Fach sah Verner jetzt die slavische Philologie an, und als Slavisten hat er dauernd sich bezeichnet, obwohl er nie dazu gekommen ist, etwas Wissenschaftliches aus diesem Gebiet zu publizieren. Um wenigstens eine der lebenden slavischen Sprachen gründlich kennen zu lernen, hielt er sich vom December 1871 bis zum Herbst 1872 in Petersburg und Moskau auf und schloss nach der Heimkehr sein Studium äußerlich ab durch ein Magisterexamen in slavischer Philologie (bei Smith und Thomsen), das sich über ein gutes Teil des Jahres 1873 hinzog.

Verner entdeckte 1875 und publizierte 1877 das nach ihm benannte Vernersche Gesetz. Das nach seinem Entdecker Karl Adolf Verner benannte und im Jahr 1875 von diesem formulierte Vernersche Gesetz (nach Duden „vernersches Gesetz, gelegentlich auch Verner’sches Gesetz“ genannt) beschreibt eine im Urgermanischen wirksame Ausnahme der ersten (germanischen) Lautverschiebung, nämlich das Stimmhaftwerden (Sonorisierung) der neu entstandenen stimmlosen Reibelaute (Frikative) *f, *þ, *χ, *χʷ, *s unter bestimmten Bedingungen. Jacob Grimm nannte diese in seiner Zeit noch nicht erklärbaren Ausnahmen der ersten Lautverschiebung „grammatische Wechsel“. Mit der neu gewonnenen Erklärung fanden die Junggrammatiker eine Bestätigung für die von ihnen geforderte (postulierte) Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze. Das Vernersche Gesetz ist ein schönes Beispiel für die Fruchtbarkeit der junggrammatischen Methode.

Tatsächlich war Verner den Leipziger Sprachwissenschaftlern eng verbunden, obwohl er nach seinem Studium in København als Bibliothekar an der Universitätsbibliothek in Halle an der Saale arbeitete. Von dort aus reiste er oft nach Leipzig, um sich mit den Junggrammatikern um August Leskien und Karl Brugmann zu treffen. Er nahm aktiv an den sprachwissenschaftlichen Diskussionen teil, verfasste aber außer der Schrift „Eine Ausnahme der ersten Lautverschiebung“ keine größeren Werke.

Im Herbst 1881 trat mit dem Tode seines Lehrers C. W. Smith das Ereignis ein, das ihm allein die Rückkehr in die Heimat möglich und wünschenswert erscheinen ließ: die Professur für slavische Philologie an der Kopenhagener Universität wurde frei. So kehrte Verner im Jahre 1882 nach København zurück. Verner, den man nicht ohne Drängen zur Bewerbung gebracht hatte, erhielt die vakante Stelle seines ehemaligen Lehrers und trat die Stelle am 1. Januar 1883 an. Zuerst war er Dozent, und im April 1888 wurde Verner zum außerordentlichen Professor ernannt und im gleichen Jahre wurde er auch Mitglied der Gesellschaft der Wissenschaften.

von

Günter Schwarz – 05.11..2017