(Straßburg / København) – Am heutigen Mittwoch übernimmt Dänemark den Vorsitz des Europarates. Damit übernimmt Dänemark für die kommenden sechs Monate von der Tschechischen Republik den Vorsitz im Ministerkomitee des Europarates. Der scheidende Vorsitzende Lubomír Zaorálek, Außenminister der Tschechischen Republik, übergibt in Straßburg symbolisch den Schlüssel und damit den Vorsitz an seinen dänischen Amtskollegen Anders Samuelsen.

Trotz eindringlicher Warnungen von Rechtsexperten steht auf der dänischen Prioritätenliste ganz oben eine Änderung der Europäischen Menschenrechtskonventionen, die nach Meinung der dänischen Regierung die zügige Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern im Wege steht.

In den vergangenen Wochen und Monaten haben sowohl Politiker als auch juristische Experten in Dänemark immer wieder die derzeitige Auslegung der Menschenrechte infrage gestellt, weil diese nach Auffassung der aus drei Parteien bestehenden Minderheitsregierung, die nicht zuletzt von der rechtspopulustischen Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) als zweitstärkste Fraktion im Folketing getrieben wird, angeblich die Abschiebung von straffälligen Ausländer blockieren. Deshalb sollen die Konventionen und die Arbeit des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nach dem Willen Dänemarks neu debattiert werden.

Der Direktor am Institut für Menschenrechte, Jonas Christoffersen, meint jedoch: „Dänemark sollte seinen Vorsitz in dem Gremium nicht dafür nutzen, innenpolitische Interessen zu verfolgen. Man sollte sich lieber darauf konzentrieren eine breite, europäische Perspektive für die Entwicklung des Gerichtshofes zu entwickeln.“

„Dialog sei wichtig, doch es nütze nichts, Spannungen zwischen Politik und dem Gericht zu erzeugen“, sagt Christoffersen. Der Europarat wacht als eigenständige Organisation über die Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und die Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedsländern, und er ist kein Organ der EU.

Das muss auch Dänemark in seinen nationalistischen Bestrebungen respektieren und den Europarat nicht mit dem Rat der Europäischen Union verwechseln.

von

Günter Schwarz – 15.11.2017