(Moskau) – Der russische Wetterdienst hat gestern Abend bestätigt, dass Ende September in Teilen des Landes eine „äußerst hohe“ Konzentration von radioaktivem Ruthenium-106 festgestellt wurde. Die höchste Konzentration sei in der Messstation Argajasch registriert worden, einem Dorf in der Region Tscheljabinsk im südlichen Ural an der Grenze zu Kasachstan.

Dort sei in der Woche von 25. September bis 07. Oktober eine Konzentration von Ruthenium-106 gemessen worden, die das 986-Fache des erlaubten Werts betragen habe.

Argajasch liegt 30 Kilometer von der Kerntechnischen Anlage Majak entfernt, wo sich 1957 einer der schlimmsten Atomunfälle der Geschichte ereignete. Heute dient die Anlage der Wiederaufbereitung abgebrannter nuklearer Brennstoffe.

Ruthenium-106 wurde nach Angaben des Wetterdienstes Rosgidromet später auch in Tatarstan, dann im Süden Russlands und ab dem 29. September in Italien und von da aus in nördlicheren europäischen Ländern festgestellt.

Greenpeace aber traut den Angaben offenbar nicht. Die Umweltschutzorganisation forderte die russische Atombehörde Rosatom daher auf, eine gründliche Untersuchung vorzunehmen und die Ergebnisse über die Vorfälle in Majak zu veröffentlichen. Greenpeace werde von der Staatsanwaltschaft verlangen, „Ermittlungen über die mögliche Verschleierung eines Atomunfalls einzuleiten“, sagte die Organisation.

Mitte Oktober hatte Rosatom versichert, in Russland seien in der Woche von 25. September bis 07. Oktober keine Spuren von Ruthenium-106 festgestellt worden – mit Ausnahme von St. Petersburg, dort aber in niedriger Konzentration. Die Behörde reagierte damit auf Berichte europäischer Institute, denen zufolge in mehreren europäischen Ländern leicht erhöhte Werte von Ruthenium-106 registriert wurden.

Das Bundesamt für Strahlenschutz mit Sitz in Salzgitter schloss einen Atomunfall als Ursache für die erhöhte Strahlung allerdings bereits im Oktober aus, da ausschließlich Ruthenium-106 nachgewiesen wurde. Die Gesundheit der Bevölkerung sei hierzulande nicht gefährdet, hieß es damals aus dem Amt.

Die höchste Konzentration in Deutschland wurde in Görlitz gemessen und lag bei etwa fünf Millibecquerel pro Kubikmeter Luft. „Selbst bei konstanter Einatmung über den Zeitraum von einer Woche ergibt sich daraus eine Dosis, die niedriger ist als die, die durch die natürliche Umgebungsstrahlung in einer Stunde aufgenommen wird”, erklärten das Bundesamt für Strahlenschutz und das Bundesumweltministerium in einer gemeinsamen Mitteilung.

von

Günter Schwarz – 21.11.2017