(Brüssel) – Allein in Deutschlands Haupstadt Berlin geht eine knappe halbe Million Döner täglich über die Ladentheke. Der türkische Schmaus schmeckt nicht nur der Hauptstadt, sondern ist in ganz Deutschland ein Renner. Doch nun droht ihm Ärger. Die EU berät auf Antrag der Sozialisten und der Grünen darüber, Phosphat in gefrorenen Fleischspießen zu verbieten.

Es soll keiner sagen, Migration bereichere nicht sie Essgewohnheiten und den Alltag allgemein. Und damit ist nicht nur die Rentenkasse in Deutschland gemeint, sondern auch die Mägen der Deutschen. Auch wenn das die heimische Bratwurst vielleicht anders sieht. So oder so, seit Ende der 1970er Jahre begann hierzulande der Siegeszug des Döner Kebap, der Gulaschsuppe, Bulette, Solei als Snack weitgehend verdrängte und auch für Brat- und Currywurst eine ernst zu nehmende Konkurrenz geworden ist.

Waren Straßenecken bis dato allerorten noch mit Wurst- und Pommesbuden besiedelt, hat sich das Bild mittlerweile komplett gewandelt. Allein in Berlin soll es weit über 1.600 Läden geben, in denen der türkische Exportschlager feilgeboten wird. Gefühlt gibt es Döner-Buden auch im Rest der Republik an jeder Ecke, während Fettiges aus deutschen Landen oft vergeblich gesucht wird.

Auch die Eckkneipe wurde weitestgehend verdrängt durch die Döner-Bude, zumal die Döner-Bude meist doch auch dazu taugt, um ein Bierchen zu trinken. Dabei scheint ein wenig südländische Folklore, gepaart mit ein paar flotten Sprüchen („alles klar?“), dem Durst keinen Abbruch zu tun. Und manch einer lässt sich vom höflichen und umsichtigen „Metin“ ohnehin lieber bedienen, als von der mürrischen „Uschi“ lieblos das Bier vor den Latz geknallt zu bekommen. Stichwort türkische Gastfreundschaft – „mein Freund“. Wer dies für unpersönliches, redundantes Gequatsche hält, sollte sich dann vielleicht doch besser auf den weiten Weg zu „Uschi“ in eine der selten gewordenen Eckkneipen machen. Idealerweise mit einem Döner als Proviant, ansonsten könnte dort an „Uschis“ Tresen der Hungertod drohen.

Soße?, scharf?, Knoblauch?, Zwiebeln?

Vielleicht liegt der Erfolg des Döners aber auch an seiner Zubereitung. Die erfolgt schließlich per Drehspieß. Und damit komplettiert sich die Erfolgsformel für die vermehrte Ausschüttung des Glückshormons Serotonin. Als da wären: Feuer, Fleisch, Freunde und Alkohol. Oder genauer: Drehspieß, Döner, Metin und Bier.

Da stört es dann auch gar nicht, wenn sich die Bestellung des Döners mitunter etwas schwierig gestaltet. Was meist nicht an der Kompetenz des Verkaufspersonals liegt, sondern vielmehr daran, dass so ein Döner quasi als ein Bausatz für eine schier grenzenlose Kombination an Zutaten steht. Da kann es dann schon mal passieren, dass trotz einer eindeutig formulierten Bestellung auch nach dreimaligem Nachfragen des Döner-Säbel-Schwingers (Soße? Scharf? Zwiebel?) und einer dreimaligen geduldigen Verneinung das Fladenbrot dann doch genau mit der nicht erwünschten Variante gefüllt wird. Was aber auch nicht weiter tragisch ist, schließlich sorgt so ein Schuss Alltagswahnsinn immer auch für ein wenig Heiterkeit und es gibt ja ein Bier zum runterspülen. Prost.

Womit wir bei der Frage wären, was denn so rein gehört in einen Döner Kebap. Zunächst einmal mit Gewürzen mariniertes mageres Fleisch und ein geringerer Anteil fetteres. Manchmal auch Hackfleisch. Dies wird in einem Kegel geschichtet oder auch „geschäumt“ und via Drehspieß kross gegrillt. Letztere Variante macht die Identifikation des Fleisches mitunter etwas schwierig. Das Rohmaterial sollte aber wahlweise aus Hammel, Lamm, Kalb oder Rind stammen. Oder aus allen Tieren zusammen.

110.000 Arbeitskräfte hängen am Drehspieß

Dann kommen noch Zwiebeln, Tomaten, Gurken, Kraut, Schafskäse et cetera hinzu. Garniert wird das Ganze mit einer oder mehrerer Soßen, die wiederum aus Joghurt, Crème fraîche, Senf, Schnittlauch, Knoblauch, Zitrone, Ketchup und Salz bestehen können.

Der Nährwert des Döners liegt, je nach Bestückung, so zwischen 600 und 1000 kcal. Bei besonders ungünstiger Kombination der Ingredienzen können es umgerechnet bis zu 23 Stück Würfelzucker in den türkischen Fladen schaffen. Aber es ist gar nicht das süße Gift, welches nun für Ärger sorgt, sondern das Phosphat, mit welchem das meist tiefgefrorene Fleisch behandelt wird, damit es nach dem Auftauen nicht vertrocknet oder auseinanderfällt und damit es seinen Geschmack behält.

Was auch für Döner-Liebhaber wünschenswert ist. Aber genau um die sorgen sich Teile des EU-Parlaments. Das EU-Parlament entscheidet gerade über die Zukunft des Döners. Schließlich kann Phosphat negative Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und die Knochen haben. Dementsprechend wird über die zukünftige Verwendung des Salzes abgestimmt. Mit noch ungewissen Ausgang.

Für das Verbot der Döner setzen sich die Sozialisten und Grünen im EU-Parlamet ein. CDU-Politikerin Renate Sommer wirft den Sozialisten und Grünen laut „Bild“-Zeitung Panikmache vor. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit stufe die Aufnahme von bis zu 4200 mg Phosphat pro Tag als unbedenklich ein. Eine Portion Döner enthalte aber nur 134 mg Phosphat.

Allzu große Sorgen muss man sich demnach um die Zukunft des Döners sicher wohl nicht machen. Denn die in der EU täglich verzehrten 500 Tonnen Dönerfleisch werden von rund 110.000 Arbeitskräften produziert. Mit denen möchte wohl kein Europaparlamentarier die Jobcenter der jeweiligen Länder überschwemmen.

Notfalls gibt es den Döner dann eben in Zukunft mit Warnhinweisschild „Döner-Esser sterben ungesünder“. Aber auch dies wird den Serotoninspiegel nicht in den Keller rauschen lassen. Davor schützt schon die oben genannte „Döner-Glücks-Formel“.

von

Günter Schwarz – 30.11.2017