Beate Uhse AG stellt Insolvenzantrag
(Flensburg) – Kaum ein anderes Unternehmen stand so für Sex und Freizügigkeit in Deutschland. Aber dass der Erotikhändler Beate Uhse in Schwierigkeiten steckt, war schon länger bekannt. Jetzt ist es pleite: Um einer Zahlungsunfähigkeit zuvorzukommen, beantragt der Flensburger Erotikhändler Insolvenz – und will sich dann in Eigenregie sanieren.
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Am Freitag gab die Beate Uhse AG in Flensburg bekannt, dass nun Insolvenz beantragt werden soll. „Der Vorstand der Beate Uhse AG, Michael Specht, hat sich zu diesem Schritt entschlossen, um die Sanierung der gesamten Gruppe in Eigenverwaltung nachhaltig umzusetzen“, hieß es von der Beate Uhse AG. Die Insolvenzanmeldung betreffe ausschließlich die Beate Uhse AG in ihrer Funktion als Holding, für die Tochtergesellschaften der Beate Uhse AG werde keine Insolvenz beantragt.
Vorstandsvorsitzender Michael Specht
Im Frühjahr 1945 floh die ehemalige Pilotin im Rang eines Hauptmanns der Luftwaffe aus dem eingeschlossenen Berlin in das nordfriesische Dörfchen Barderup – in einem quasi gekaperten Wehrmachtsflugzeug. An Bord hatte sie ihren zweijährigen Sohn Klaus. Zunächst betrieb sie einen fliegenden Handel mit Bauchladen und Reisegewerbeschein. Es soll die Nachfrage nach Broschüren zur Empfängnisverhütung gewesen sein, die sie veranlasste, selbst ihr Aufklärungsheft „Schrift X“ zu erstellen. In verständlicher Form erläuterte sie darin die Verhütungsmethode nach Knaus-Ogino. Sie verlegte und verschickte anfangs die Broschüre eigenhändig für zwei Reichsmark das Stück und legte so den Grundstein für einen florierenden Erotik-Versandhandel.
1951 gründete sie mit vier Angestellten das „Versandhaus Beate Uhse“, das Kondome und Bücher zum Thema „Ehehygiene“ anbot. Bereits zwei Jahre später hatte die kleine Firma 14 Angestellte. Anfang der 1960er Jahre hatte die Firma bereits fünf Millionen Kunden und entwickelte sich in Flensburg zu einem wichtigen Arbeitgeber.
Der damalige Firmensitz von Beate Uhse in Flensburg in der Gutenbergstraße 12 im Jahr 2004
Hintergrund des Insolvenzantrags sind gescheiterte Bemühungen, eine Umschuldung im Zusammenhang mit einer Anleihe im Volumen von 30 Millionen Euro zu erreichen. Dabei habe keine Einigung mit den Gläubigern erzielt werden können. Daher habe die Zahlungsunfähigkeit der Beate Uhse AG gedroht. Specht sagte: „Wir haben damit einen Weg eingeschlagen, bei dem wir sehr zuversichtlich sind, die Unternehmensgruppe als Ganzes sanieren zu können.“ Die Anleihe hätte im Sommer 2019 zurückgezahlt werden müssen und ist mit 7,75 Prozent hoch verzinst.
Die Geschäfte des 1946 in Flensburg gegründeten Unternehmens waren im Zuge des wachsenden Internethandels unter Druck geraten, auch weil kaum noch Kunden DVDs kaufen und Sexfilme im Internet kostenlos heruntergeladen werden können. Beate Uhse machte Millionenverluste, die Umsätze waren rückläufig. Das Unternehmen strukturierte um: Die Vorstandchefs wechselten, die Firma verlegte ihren Sitz nach Hamburg, Filialen wurden geschlossen und Stellen gestrichen. Auch der Versandkatalog wurde eingestellt.
Das Unternehmen hatte zum wiederholten Mal die Vorlage des Jahresberichts für 2016 verschieben müssen und Umsatz- und Gewinnprognosen nach unten korrigiert. Der im April berufene Vorstandsvorsitzende Specht hatte im Juni seinen Finanzchef gefeuert und mit einer Unternehmensberatung den Finanzbereich und das Rechnungswesen gründlich durchleuchtet. Die Beate Uhse AG ist nach eigenen Angaben derzeit noch mit rund 345 Mitarbeitern in sieben Ländern aktiv.
Einer der Anteilseigner der Beate Uhse-AG ist auch der Sparkassen- und Giro Verband Schleswig-Holstein. Über eine Gesellschaft hält der Verband Anteile an dem Erotikhändler. Die Aktien lagen ursprünglich bei der Flensburger Sparkasse. Nach der Übernahme durch die Nord-Ostsee Sparkasse 2008 und Stützungsmaßnahmen wanderte das Paket in den Bestand des Verbandes.
von
Günter Schwarz – 15.12.2017