(København) – Es sieht ganz danach aus, dass sich der öffentlich-rechtliche Sender Danmarks Radio dem Druck der rechtspopulistischen Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) , die die zweitstärkste Partei im Dänische Parlament, dem Folketing stellt, beugt und „nach der Pfeife“ der Ultrarechten tanzt, um den Sender nicht weiter zu gefährden, der ohnehin schon lange im Visier und in der Kritik der dänischen Nationalisten steht. Damit gerät die Pressefreiheit Dänemarks ernsthaft in Gefahr!

So hat Danmarks Radio eine Politikerin aus einer Weihnachtssendung herausgeschnitten, offenbar aus Angst, als zu linksorientiert zu gelten. Zuvor hatte schon eine Geschichtssendung die nationalkonservativen Gemüter erhitzt, und es wurden dem Sender daraufhin finanzielle Kürzungen angedroht.

Als „linksgedrehte Propaganda“ hatte der stellvertretende Vorsitzende der zweitgrößten Partei im dänischen Folketing, Søren Espersen, die Geschichtssendung „Historien om Danmark“ (Die Geschichte von Dänemark) bezeichnet, die im Oktober im öffentlich-rechtlichen Fernsehen von Danmarks Radio ausgestrahlt wurde. Er hatte sich darüber geärgert, dass als Beispiel für den dänischen Widerstand in der Besatzungszeit durch die Deutschen eine linke Gruppierung herangezogen wurde, wobei er unerwähnt ließ, dass die dänische Rechte während der Besatzung vom 9. April 1940 bis zum 5. Mai 1945 die deutschen Nazis nicht zuletzt mit der DNSAP, den geistigen Vorgängern der heutigen Dansk Folkeparti, recht aktiv unterstützte.


Distriktbüro der DNSAP in København um 1940 und Parteizeichen
In seinem Rundumschlag gegen DR bezeichnete Søren Espersen im Stil eines „Propagandaministers“ auch das aufwendig produzierte Historiendrama „1864“ als „lächerlich“. Seiner Meinung nach hatte die achtteilige Serie in 60-minütigen Episoden, die sich um die Niederlage Dänemarks im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 drehte und die am 12. Oktober 2014 auf DR1 Premiere feierte, fatalen Folgen des Nationalismus in den Vordergrund gestellt und war daraufhin zurecht als politisch einseitig angegriffen worden. „Wie man gegenüber DR reagieren sollte, weiß ich nicht. Ein guter Anfang wären die Verhandlungen über eine neue Medienabsprache, die nach Neujahr beginnen werden“, sagte er.

Jetzt kommt der Vorwurf auf, dass sich Danmarks Radio diesem politischen Druck gebeugt habe und bei einer geplanten Radio-Weihnachtssendung, die erst beschnitten und dann ganz abgesetzt wurde, Selbstzensur ausgeübt habe.

Der satirische Weihnachtskalender von DR P1 wurde einen Tag vor der geplanten ersten Ausstrahlung aus dem Programm genommen. In der geschassten Sendung geht es darum, dass das Königshaus durch Volksentscheid abgesetzt wurde und jetzt in der Wohnsiedlung Urbanplanen auf Amager bei København untergebracht wird. Ursprünglich sollte Johanne Schmidt-Nielsen, Abgeordnete der linken Enhedslisten (Einheitsliste), als Präsidentin in der Serie agieren – und die Aufnahmen mit ihr waren bereits fertig produziert. Die politisch links stehende Johanne Schmidt-Nielsen als Präsidentin war der Dansk Folkeparti offenbar zu viel und hat Danmarks Radio unter Druck gesetzt.


Johanne Schmidt-Nielsen (Enhedslisten)
Wie die Tageszeitung Politiken nun berichtet, hat Danmarks Radio die Serie offenbar tatsächlich aus Furcht vor neuen Anschuldigungen, „rote Gefolgsmänner“ zu sein, abgesetzt. In einer Mail, die Politiken vorliegt, schreibt ein Produktionsmitarbeiter direkt an die Politikerin und entschuldigt sich darin bei ihr für die Absetzung. „Wir sind leider von redaktioneller Furcht davor betroffen, in einem DR-Unwetter über ,rote Gefolgsmänner‘ zu enden, wie es bei ,Historien om Danmark‘ passiert ist“, heißt es da unter anderem.

Seitens DR verweigert die Leitung des Senders jeglichen Kommentar dazu und ob es Furcht vor politischen Konsequenzen gegeben hat, berichtet Politiken. Johanne Schmidt-Nielsen hingegen macht sich unterdessen Sorgen über „Selbstzensur, aus Angst, das bei den Bewilligungen gekürzt wird“. Schon jetzt sind sich die von den Rechten gesteuerte Minderheitsregierung von Lars Løkke Rasmussen und die Dansk Folkeparti darüber einig, ganze 25 Prozent des DR-Budgets zu kürzen. „Wir haben ein Problem, wenn der Inhalt der Sendebeiträge bei DR jetzt davon abhängig gesteuert werden soll, wer an der Geldkassette sitzt“, sagt sie, „denn damit ist eine unabhängige Berichterstattung unmöglich.“

Danmarks Radios Kulturdirektorin Tine Smedegaard Andersen hatte noch am 04. Dezember im DR-Programm P1 Morgen erklärt, dass es die mangelnde Qualität der Sendung gewesen sei, die zur Absetzung des Weihnachtskalender-Beitrags geführt habe. Daraufhin hatte sich die freischaffende Regisseurin der Sendung beschwert, denn es habe eine Vereinbarung mit DR darüber gegeben, dass DR die Verantwortung für die Absetzung übernehmen würde.

Die Sendung wurde an mehreren Stellen aus politischen Gründen stark beschnitten – dass sie dann den Qualitätsansprüchen nicht mehr genüge, sei kein Wunder, so die Darstellung der Regisseurin, die ebenfalls von Selbstzensur spricht. Andersen wiederum spricht in Politiken nun von „nicht optimalen Prozessen“, will aber von politischer Selbstzensur noch nichts wissen.

von

Günter Schwarz – 15.12.2017