Kosten für Energiewende explodieren
Unzuverlässige Solar- und Windkraft sorgen in Deutschland für immer mehr Noteingriffe ins Stromnetz. Fast eine Milliarde Euro hat der deutsche Stromnetzbetreiber Tennet TSO letztes Jahr für Noteingriffe aufgewendet, um das Netz zu stabilisieren. Das hat das Unternehmen Anfang dieser Woche bekannt gegeben.
Die Kosten lagen damit rund die Hälfte höher als 2016 (660 Millionen Euro) und rund vierzig Prozent über denen von 2015 (710 Millionen). Tennet ist für die Stromversorgung in einem Gebiet zuständig, das von Schleswig-Holstein im Norden bis Südbayern reicht und rund vierzig Prozent der Fläche Deutschlands ausmacht. Insbesondere ist Tennet verantwortlich für die wichtigen Nord-Süd-Trassen.
Grund für die Zunahme der Notinterventionen sind die immer zahlreicheren Solar- und Windanlagen in Deutschland. Der Anteil der erneuerbaren Energie ist letztes Jahr von 29 auf 33 Prozent der Stromversorgung gestiegen. Wind- und Sonnenstrom fallen aber unregelmäßig und oft unvorhersehbar an. Damit wird das Netz zunehmend instabil. Denn gemäß den Gesetzen der Physik müssen die eingespeiste und die nachgefragte Elektrizität jederzeit übereinstimmen – ansonsten kommt es zu Blackouts.
Der unregelmässige und unvorhersehbare Wind- und Sonnenstrom wird zunehmend zum Problem für das Stromnetz in Deutschland. Dieses Windrad in Volksdorf wurde von Sturm Burglind ausser Betrieb genommen.
Eine Herausforderung der deutschen Energiewende besteht darin, dass das Leitungsnetz angesichts der steigenden Schwankungen dringend verstärkt werden muss. Insbesondere fehlen leistungsstarke Leitungen vom Norden, wo viele Windkraftanlagen stehen, in den Süden, wo der Strombedarf groß ist. „Wir brauchen zwingend ein Energiewende-Netz, also die vom Gesetzgeber bereits beschlossenen Netzausbauprojekte“, sagte Tennet-Geschäftsführungsmitglied Lex Hartmann zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Bis dahin seien „Netzengpässe, hohe Kosten für die Verbraucher und eine zunehmend instabile Versorgung die harte Wirklichkeit“.
Der Ausbau der Netze hinkt den Ausbauplänen der Regierung allerdings weit hinterher. Laut dem McKinsey Energiewende-Index vom letzten Oktober sind bisher erst 816 der 3582 Kilometer Stromleitungen gebaut, die bis 2020 in Betrieb sein sollen. McKinsey bezeichnet die Erreichbarkeit des angestrebten Netz-Ausbauziels darum als „unrealistisch“.
Grund für die Verzögerungen ist maßgeblich der Widerstand der Bevölkerung gegen neue Überlandleitungen, der teilweise von den Regierungen der Bundesländer unterstützt wird. So hat sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) im November gegen neue Stromtrassen in seinem Bundesland ausgesprochen. Vor zwei Jahren kam entsprechender Widerstand auch von dem Ministerpräsidenten Bayerns, Horst Seehofer (CSU). Die Stromnetzbetreiber sind häufig gezwungen, neue Leitungen teilweise unterirdisch zu verlegen, was zu großen Landschaftseingriffen, horrenden Kosten und beträchtlichen Verzögerungen führt.
Die deutschen Stromverbraucher bezahlen jährlich rund 25 Milliarden Euro für die Förderung von Alternativstrom, mit steigender Tendenz. Zwar ist die sogenannte Umlage, die pro verbrauchte Kilowattstunde in Rechnung gestellt wird, auf Anfang dieses Jahres leicht von 6,88 auf 6,79 Eurocent gesunken. Kosten wie etwa diejenigen für Noteingriffe ins Netz werden den Verbrauchern aber zusätzlich in Rechnung gestellt. Gemäß Schätzungen wird die Energiewende in Deutschland bis 2025 über eine halbe Billion Euro kosten.
Die Belastung für eine vierköpfige Familie beträgt demnach total etwa 25.000 Euro, was mehr als die Hälfte eines durchschnittlichen Brutto-Jahresverdienstes ausmacht. Im Jahr 2016 wurde insgesamt 330.000 Haushalten wegen offener Energierechnungen der Strom abgestellt.
von
Günter Schwarz – 06.01.2018