Frankreich begrenzt Tempo 80 km/h auf Landstraßen
In Frankreich steigt die Zahl der Verkehrstoten – auffällig dabei: Die meisten der tödlichen Unfälle passieren auf Landstraßen. Deswegen will die Regierung das Tempolimit dort ab dem 1. Juli dieses Jahres Tempo auf 80 km/h senken und sich damit der in Dänemark schon seit Jahrzehnten außerorts geltenden Geschwindigkeitsbegrenzung anpassen. Zudem sollen weitere Maßnahmen das Verkehrsverhalten verbessern. Der SPD-Verkehrsexperte Martin Burkert fordert dieses nun auch für Deutschland, wo auf Landstraßen derzeit Tempo 100 km/h gilt.
Insgeheim hatten viele Autofahrer in Frankreich wohl gehofft, dass Premierminister Edouard Philippe vor einer so unpopulären Entscheidung doch noch zurückschrecken könnte. Doch diese Hoffnungen wurden enttäuscht: Nach einem Treffen mit Vertretern verschiedener Ministerien erklärte der Premierminister am Abend: „Wir haben soeben entschieden, die Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen von 90 auf 80 Stundenkilometer zu senken.“
Es war die erwartete Antwort auf ein Problem, das nicht nur Edouard Philippe Sorgen bereitet: Während etwa Deutschland zuletzt einen historischen Tiefststand bei den Todesfällen im Straßenverkehr verzeichnen konnte, ist in Frankreich die Zahl der tödlichen Unfälle drei Jahre in Folge gestiegen, auf knapp 3.500 im Jahr 2016. Eine Tatsache, so der Premierminister, steche dabei deutlich hervor, nämlich, dass sich mehr als die Hälfte der tödlichen Unfälle auf Landstraßen mit jeweils nur einer Spur pro Richtung ereignet habe. „Die Maßnahme, die wir nun beschlossen haben, gilt deshalb dort ab dem 1. Juli dieses Jahres und ich möchte, dass die Auswirkungen auf die Unfallentwicklung präzise untersucht werden. Wir werden uns das Ergebnis im Juli 2020 genau anschauen.“
Dass ein niedrigeres Tempolimit wirklich hilft, die vielen schweren Unfälle in den Griff zu bekommen, wurde im Vorfeld nicht nur von der Autofahrerlobby angezweifelt. „Eine Straße sicherer zu machen, heißt an der Infrastruktur insgesamt zu arbeiten, heißt, die Unfallursachen auf jeder einzelnen Straße zu betrachten. Wenn der Grund etwa zu viel Alkohol ist, was bringt es dann, die Geschwindigkeit zu reduzieren?“, bemerkte etwa Pierre Chasseray von der Vereinigung „40 Millionen Autofahrer“. Manche vermuteten bei der Regierung ohnehin eher unlautere Absichten. „Es geht doch nur darum, mehr Geld durch Blitzer einzunehmen“, sagen Pendler.
Auf beides hatte Edouard Philippe Antworten parat. „Diese Entscheidung hat überhaupt keine finanzielle Ursache“, erläuterte der Premier. Sollte durch das schärfere Tempolimit mehr Geld reinkommen, werde es in einen Fond für bessere Unfallversorgung gesteckt. Und was die ganz unterschiedlichen Gründe für schwere Unfälle angeht, so werde die Regierung viele weitere Maßnahmen ergreifen, um die Zahl der Unfälle zu senken: „Wir müssen insgesamt bezüglich des Verkehrsverhaltens der Fahrer handeln. Und zwar mit Entschiedenheit.“
Wer etwa Handynachrichten am Steuer liest und dadurch zur Gefahr wird, soll künftig seinen Führerschein verlieren können. Alkoholsünder müssen vielleicht bald via Alkoholtest ihrem Auto zeigen, dass sie fahrtüchtig sind, um es überhaupt starten zu können. Er sei sich bewusst, dass die insgesamt 18 geplanten Maßnahmen bei manchen Autofahrern durchaus Unmut hervorrufen würden, gab Premier Philippe zu. „Aber ich glaube, dass wir uns hinter einem Ziel durchaus vereinigen können. Nämlich hinter dem Ziel, Leben zu retten.“
von
Günter Schwarz – 14.01.2018