Mindestens einmal in der Woche setzen wir uns bei einer Tasse Kaffee zusammen, um darüber zu sinnen, was wir in unserer wöchentlichen Kolumne aufwerfen möchten. Oft drehen wir uns dabei um einen sehr schwammigen Kulturbegriff. „Unsere Kultur“ und „unsere Werte“ sind Begriffe, die auch gern in öffentlichen politischen Diskussionen hin- und her geworfen werden; aber auch dort eine klare Definition gänzlich vermissen lassen.

Kultur unterliegt einem steten Wandel – das ist richtig. „Um unsere Kultur auf ein festes Fundament zu stellen, müsse man zunächst einmal die Grundpfeiler dieses Kulturverständnisses definieren“, sagt Nastya. Damit könne man zumindest vermeiden, dass immer mehr „Unkultur“ in den Boden sickert und entsprechend unvorteilhafte Früchte trägt. Denn: wenn man sich besinnt, lohnt es sehr wohl, einmal die Frage zu stellen, was „unsere Kultur denn ist oder ausmacht?“ Wofür sind wir Deutschen heute in der Welt bekannt und berühmt? Dichter und Denker sind es schon lange nicht mehr.

Sollen es nun auf Facebook transportierte Rechtschreibfehler, Sex-Tourismus in ärmere Regionen, Porno-Produktionen oder blühender Menschenhandel sein? Ist das „unsere Kultur“, die einige Parteien so verbissen zu verteidigen versuchen? Ganz sicher wollen wir das nicht zu unserem kulturellen Wertverständnis zählen und eine Heidi Klum an und Thomas Hayo, die an Stelle von Hermann Hesse oder Günter Grass rücken. Dazu wäre es allerdings eigentlich nötig, dass man Hesse und Grass mindestens soviel Aufmerksamkeit widmet, wie der neuen Staffel von Germanys Next Topmodel. Solange dieses nicht der Fall ist, verwässert „unsere Kultur“ weiter.

Michael Schwarz, 11. Februar 2018