Film über Massaker von Utøya ist umstritten
(Berlin / Oslo) – Der Film über die Utøyas Tragödie vom 22. Juli 2011 im Oslofjord wird von internationalen und norwegischen Medien gelobt – aber dennoch zeigen sich viele Menschen auch unzufrieden darüber. Es ist sicherlich keine leichte Aufgabe, einen Film über eine Tragödie von einem derartigen Ausmaß zu drehen, wie sie sich am 22. Juli 2011 in Norwegen auf der Insel Utøya abgespielt hat. Dennoch hat der gefeierte norwegische Regisseur Erik Poppe versucht.
Mit dem Film unter dem Titel „Utøya 22. Juli“ ist dem Regisseur ein Werk gelungen, dass nachfühlend das Massaker auf der Insel nachstellt und sich dabei auf die Perspektive der jugendlichen Opfer beschränkt. Der Täter Anders Breivik wird bis auf eine Szene ausgespart, sein Name nie genannt. Die Einschätzung von internationalen und norwegischen Medien, nachdem der Film am Montag auf den Internationalen Filmfestspielen in Berlin gezeigt wurde, ist durchaus kontrovers.
Am 22. Juli 2011 kamen insgesamt 69 junge Menschen ums Leben, als die Norweger Anders Breivik ein politisches Sommerlager auf der Insel Utøya in der Nähe von Oslo angriffen. Als die ersten Schüsse auf Utøya fielen, dachten die Jugendlichen, die an einem Sommerlager der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei teilnehmen, an eine Übung.
Überwachungsaufnahmen haben den Zuschauer des Films zu diesem Zeitpunkt über die vorangegangene Bombenexplosion in Oslo informiert. Die Uhrzeit für diesen und den kommenden Terrorakt wird eingeblendet. Wir sehen den Wald, die Zelte, schließlich die 18-jährige Kaja (Andrea Berntzen), die sich zu ihren Freunden aufmacht. In einer Einstellung ohne Schnitt wird die Kamera sie in den kommenden 70 Minuten verfolgen, wie sie mit den anderen Jugendlichen flieht, nach ihrer Schwester sucht, sich versteckt hält, während die Schüsse über die Insel hallen.
Erik Poppes Film über die Tragödie wurde in einer einzigen Aufnahme und technisch erfolgreich aufgenommen. „Man kann die technische Kompetenz in Erik Poppe One-Shot-Wiedergabe von Utøya Massaker nicht leugnen“, schreibt Variety Rezensent Guy Lodge.
Der Film hat gerade vor allem im Heimatland Norwegen eine große Debatte geführt, wo einige nicht sehr glücklich darüber sind, dass der Filmproduziert wurde. In einem kleinen Land, in dem jeder jemanden kennt, der jemanden kannte, ist es praktisch unmöglich, „Utøya am 22. Juli“ mit ganz objektiven, kritischen Augen zu sehen.
Dennoch sind die ersten Rezensionen des Films positiv. „Aber ich muss trotzdem sagen, dass dies ein Film, dem gelingt, was er zeigt: 72 grausige Minuten darzustellen“, sagt Morten Ståle Nilsen. In der Rezension von „Aftenposten“ schreibt Kjetil Lismoen unter anderem, dass er nach dem Film „erleichtert“ sei. „ Die Filmemacher liefern, was sie versprochen haben: Ein sensibler Film, der dem Terroristen fernbleibt und uns nur den Terrorerlebnissen der Opfer folgen lässt. Es ist die Stärke und Begrenzung des Films“, schreibt er.
Der Film wird im März in norwegischen Kinos uraufgeführt, während für ein dänisches und deutsches Premieren-Datum noch kein Datum festgelegt wurde.
von
Günter Schwarz – 22.02.2018