Kinderarmut steigt auch Dänemark
Kinderarmut ist nicht nur in Deutschland ein Problem von ca. 19 Prozent der in der „reichen Bundesrepublik“ lebenden Kinder, in der die drei „Bs“ (Banker, Bosse und Banditen) immer reicher werden und Kinder vor allem von Alleinerziehenden oder in Arbeitslosenfamilien immer ärmer werden. Auch das wohlhabende und „soziale“ Dänemark wurde inzwischen dem Virus infiziert, den der „Ellenbogen-Kapitalismus“ der global agierenden Wirtschaftsbosse verbreitet – wenn auch noch nicht ganz so stark wie südlich der Grenze. So hat das Wirtschaftsforschungsinstitut AE in seiner Untersuchung ermittelt, dass auch in Dänemark die Kinderarmut steigt und immer mehr der Kinder in armen Familien leben. Als Ursache sieht das Institut die von der konservativen und von der rechtspopulistischen Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) gegängelte Minderheitsregierung eingeführte Deckelung der Sozialhilfe.
Eine aktuelle Untersuchung des gewerkschaftsnahen Forschungsinstitutes „Arbejderbevægelsens Erhversråd“ (AE), die auf Zahlen aus dem Jahr 2016 zurückgeht, weist auf einen deutlichen Anstieg der Zahl der Kinder hin, die in Armut aufwachsen. „Die Zahl der Kinder, die in Familien leben, deren Einkommen unter der Armutsgrenze liegt, ist 2016 stark gestiegen“, so Jonas Schytz Juul, Forschungschef bei AE.
Landesweit lebten 2016 rund 48.300 Kinder in Familien, die einkommensmäßig offiziell als arm einzustufen sind. Gegenüber dem Vorjahr ist das eine Zunahme um 10.500 Kinder. Nach Erkenntnissen der AE-Forscher ist die Einführung einer Obergrenze bei der Zahlung von Kontanthjælpsloft (Sozialhilfe) an Familien Ende 2016 Ursache des deutlichen Anstiegs.
2017 dürften noch deutlich mehr Kinder in die Kategorie arm rutschen, weil die Sozialhilfeobergrenze erst in diesem Jahr voll zum Tragen gekommen ist. Von der steigenden Kinderarmut ist neben traditionell einkommensschwachen Bereichen wie die Inseln Lolland und Falster sowie Vestsjælland (Westseeland) auch Sønderjylland (Nordschleswig) betroffen.
Die AE-Forscher haben die Zahl der Kinder registriert, die ein Jahr in einer armen Familie gelebt haben. Traurige Spitzenreiter waren 2016 die Kommunen Langeland und Lolland mit einem Anteil an armen Kindern von 7,6 bzw. 7,1 Prozent. In Sønderjylland weist Tønder mit 5,8 Prozent armen Kindern den höchsten Anteil auf, vor Haderslev mit 5,5 Prozent. Abenraa und Sønderborg stehen nur unwesentlich besser da. In absoluten Zahlen galten 2016 in der Kommune Tønder 440 Kinder als arm, in Haderslev 620.
Auffallend ist, dass die geringste Quote armer Kinder in den traditionell wohlhabenden Kommunen auf Sjælland (Seeland), im „Speckgürtel“ um Kopenhagen zu finden waren. Auch die Stadt Kopenhagen ist von relativ hoher Kinderarmut geprägt. 5,7 Prozent gelten als arm. In absoluten Zahlen sind es 6.090 Kinder. Auch Københavns Vororte Ishøj, Høje Taastrup und Brøndby sind Hochburgen der Kinderarmut.
Auffallend ist, dass die Kinderarmut schon in der Hochkonjunktur vor der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 gestiegen war – und es jetzt eine erneute Zunahme in Zeiten des Konjunkturaufschwungs gibt – in Dänemark wie auch in Deutschland.
von
Günter Schwarz – 01.03.2018