Drei sehr einsame deutsche Inseln erleben „Eiszeit“
(Juist / Wangerooge / Baltrum) – Wer sich zurzeit auf den ostfriesischen Nordseeinseln Juist, Wangerooge und Baltrum aufhält, wird erst einmal dort bleiben müssen. Mit Besuch vom Festland ist auch nicht zu rechnen, denn der Schiffsverkehr zu den Inseln ist momantan unterbrochen.
Der stetige Ostwind und die eisigen Temperaturen sind schuld daran, dass die Reederei Frisia ihren Betrieb zwischen Norddeich und Juist seit Mitte der Woche eingestellt hat. Der Ostwind drückt das Wasser aus der deutschen Bucht heraus. Der Pegel ist zu niedrig. Dazu kommt das Eis. Das blockiert die engen Fahrrinnen zu den Ostfriesischen Inseln. Hier kommt keine Fähre mehr durch.
Auf Juist ist das kein neues Problem. Fisch aus der Konserve und tiefgefrorenes Brot müssen die Insulaner noch nicht essen. Tjark Goerges, Bürgermeister von Juist, hat keine Sorge: „Das wäre sicher vor 50 Jahren so gewesen, aber wir sind komplett versorgt. Ich habe noch mit den Einzelhändlern gesprochen. Die haben inweiser Voraussicht Anfang der Woche extra 11 Tonnen Lebensmittel zusätzlich geordert. In den nächsten zwei Wochen können sie vom Liter Milch bis zum Brötchen alles bekommen.“
Wasserstand prüfen ist wie Fahrplan checken in Berlin
Die Bewohner der tidenabhängigen (gezeitenabhängigen) Insel sind sogar im Sommer manchmal für Tage von der Außenwelt abgeschnitten. „Wenn der Wasserstand in der Fahrrinne zu niedrig ist, fährt kein Schiff“, berichtet Goerdes. Darum gehöre es zum Insel-Alltag, Wetter, Wasserstand und Vorhersage zu prüfen. „Das ist nicht anders als wenn sie in Berlin vor Fahrtbeginn den S-Bahn-Plan checken.“
Etwa 1.700 Menschen leben auf Juist. Dazu kommen laut Goerges einige Gäste, die die Ruhe und Abgeschiedenheit der Insel bei Strandspaziergängen genießen. Der romantischen Vorstellung, die Leute säßen gemeinsam abends beim Lagerfeuer und harrten gemeinsam ihrem Schicksal aus, erteilt der Bürgermeister eine Absage: „Nein, ganz so ist es nicht. Wir haben einige Restaurants, die geöffnet haben. Dort treffen sich die Leute, und es geht lustig zu. Ehrlich gesagt, es ändert sich nichts, weil wir wissen, dass wir abgesichert sind.“
Früher hatte jeder Dosenvorrat im Keller
Täglich gehen sechs Flugzeuge von Juist aus ans Festland und zurück. In den letzten Tagen gab es laut Goerges sogar Sonderflüge. Falls aber Seenebel aufzöge, würden auch die Flieger aus dem Verkehr gezogen. Zuletzt war das vor Jahrzehnten der Fall. Goerges hat Schwarz-Weiß-Bilder von großen Hubschraubern gesehen, die Lebensmittel und sogar Bier auf die Insel brachten. Zudem hatte früher jeder Juister Lebensmittel-Konserven im Keller gelagert.
Soweit ist es aber noch nicht. Der Fährverkehr zwischen Juist, Baltrum, Wangerooge und dem Festland ruht noch bis Montag. In der kommenden Woche soll es dann wieder milder werden, das Wasser steigen und das Eis schmelzen.
von
Günter Schwarz – 02.03.2018