SPD-Mitgliederabstimmung ermöglicht „Angstheirat“ namens GroKo
(Berlin) – Die SPD-Mitglieder sagten in der Abstimmung noch einmal Ja zu „Mutti Merkel“ und der Union. Eine Liebeshochzeit zur jetzt bevorstehenden Koalition sieht jedoch anders aus. Diese Koalition ist aus der Angst heraus entstanden, es könnte noch schlimmer kommen. Bei einer Wahlbeteiligung von 78,39 Prozent (378.437 Stimmen) stimmte eine Mehrheit von 66,02 Prozent (239.604 Stimmen) der Mitglieder mit Ja.
Letztlich hat die Angst vor Neuwahlen die Mitglieder zu diesem deutlichen Ja zur Großen Koalition getrieben. Zu nah ist ihnen die rechtspopulistische AFD in den Wählerumfragen gekommen: SPD 15,5. AFD 16 Prozent. Diese Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA vom 20. Februar hat die Genossen zugleich aufgeschreckt und gelähmt und hat vielen den Mut zum Nein genommen – den Mut auch für den selbstbewussten Gang in die Opposition.
Diesen Absturz in den Umfragen hat die SPD selbst verschuldet, mit den internen Grabenkämpfen. Mit Martin Schulz’ Zickzack-Kurs und dessen Entmachtung und mit den vielen Hürden, die sich die Parteiführung selbst auf dem Weg hin zum letzten Ja der Basis aufgestellt hat.
Dabei hätte die SPD nach dem Scheitern der Jamaica-Verhandlungen viel selbstbewusster agieren können und staatstragend Ja zum Regieren sagen können. Und zwar sofort – ohne dieses lange Zögern. Die Wähler hätten den Rückzieher vom angekündigten Gang in die Opposition verstanden. Mehr noch, sie hätten die SPD dafür geschätzt, verantwortungsbewusst und im Sinne von Stabilität in Deutschland und Europa zu handeln. Aber der Partei fehlte Führungsstärke, und das kommt schlecht an!
Mit Angst setzt sich die SPD nun auch wieder an den Regierungstisch. Sie hat Angst davor, in vier Jahren wieder als Verlierer dazustehen, als Juniorpartner der Kanzlerin, denn sie befürchtet, dass sämtliche Regierungserfolge der nächsten Legislatur wieder Angela Merkel zugeschrieben werden.
Dabei ist 2018 vieles anders als in der letzten Legislaturperiode. Auch Angela Merkel ist jetzt merklich geschwächt. Der konservative Flügel der Union, der in Opposition zur Kanzlerin steht, begehrt auf, und im Bundestag sitzen seit September vergangenen Jahres 6 Parteien. Die Opposition kommt mit der FDP und der AFD diesmal auch von Rechts und aus der Mitte. Für Merkel werden es die schwierigsten Jahre ihrer Regierungszeit. Merkel ist angreifbar geworden, und in der CDU gibt es erstmals Alternativen um die Alternativlose zu beerben.
Merkels neue Schwäche ist der beste Grund für die SPD, die Angst abzulegen und wieder selbstbewusster in der Regierungsarbeit zu agieren – besonders jetzt in einer neuen Großen Koalition. Dafür aber braucht die Partei Führungs- und Kommunikationsstärke. Nach einem Jahr voller Angst, Zweifel und Missverständnisse mit Martin Schulz an der Spitze sind nun die neuen vermeintlichen Spitzengenossen gefragt und gefordert: Andrea Nahles und Olaf Scholz.
Wie stabil das Bündnis sein wird, muss sich in der Zukunft noch erweisen. Aus Parteikreisen der SPD heißt es, man will nach zwei Jahren überprüfen, wie zufrieden man mit dem Bündnis ist und dann entscheiden, ob und inwieweit die GroKo von Bestand sein wird.
von
Günter Schwarz – 04.03.2018