(København) – Am Donnerstag stellte die dänische Regierung ein umfassendes Maßnahmenpaket unter anderem gegen die Kriminalität im Land vor. Dazu zählt in Zukunft, in sogenannten Ghettos verübte Straftaten doppelt so hart zu ahnden.

„Die Ghettos müssen weg!“ erklärte der dänische Statsminister Lars Løkke Rasmussen und präsentierte gemeinsam mit zahlreichen anderen Ministern am Donnerstag ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen die Bildung von Parallelgesellschaften und Kriminalität vor. Weil diese demnach in sogenannten Ghettos besonders bekämpft werden müsse, sieht der Plan vor, dort begangene Straftaten in Zukunft doppelt so hart zu bestrafen wie in anderen Landesteilen.

„Ein Dänemark ohne Parallelgesellschaften – keine Ghettos im Jahr 2030″, lautet offiziell der Plan der dänischen Regierung. Auf einer Pressekonferenz in Københavns Siedlung Mjølnerparken erklärte Rasmussen mit Bezug auf die Ghettos, zu denen er auch Mjølnerparken zählt: „Wenn Sie hier aufwachsen, haben Sie weniger Chancen im Leben, als wenn Sie woanders aufwachsen.“

Zu dem Vorwurf, dass die Regierung damit das Prinzip der juristischen Gleichbehandlung außer Kraft setze, erklärte Rasmussen: „Das erkenne ich uneingeschränkt an.“ Des Weiteren erklärte der dänische Statsminister, dass es aufgrund der Ausbreitung von Parallelgesellschaften nun „fünf vor zwölf“ sei. Daher wähnt Rasmussen, das Dänentum sei in Gefahr.

Eine Definition des Begriffs liefert Rasmussen nicht, doch sieht der Statsminister das sogenannte Dänentum vor allem durch die Ausbildung von Parallelgesellschaften in Gefahr. Demnach wäre der Begriff vor allem sozialpolitisch begründet.

Laut der dänischen Regierung spielt bei der Ausbildung sozialer Brennpunkte auch die mangelhafte Integration „nicht-westlicher Migranten“ eine entscheidende Rolle. Rasmussen wirft derweil eine andere Frage auf, die für ihn jedoch lediglich rhetorischer Natur ist: „Da haben wir uns gefragt, ob wir die Möglichkeit zu angemessener Diskriminierung auf Basis objektiver Kriterien haben. Ja, die haben wir!“

Welche Straftaten in Zukunft der angemessenen Diskriminierung zugeführt werden, soll in einem parlamentarischen Prozess geklärt werden. Vor allem soll es jedoch um Delikte wie den Verkauf von Marihuana, Einbruch und Vandalismus gehen.

Noch Anfang der 1980er-Jahre lag der Anteil nicht-westlicher Migranten in Dänemark bei einem Prozent. Nun liegt der entsprechende Anteil bei 8,5 Prozent – rund eine halbe Million Menschen. Darin liege eine Herausforderung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, etwa wenn es um die „Freiheit“ gehe, erklärt Rasmussen. „Die Regierung ist bereit; neue Wege zu gehen“, so der Statsminister.

Die ehemalige Integrationsministerin Birthe Rønn Hornbech kritisiert das neue Vorgehen: „Mir ist das unbegreiflich. Es klingt wie die Einführung des Ausnahmezustandes.“

Nach offiziellen Angaben existieren in Dänemark 22 Ghettos. Die Zahl geht auf eine sogenannte „Ghettoliste“ des dänischen Verkehrs-, Bau-, und Wohnungsministeriums zurück, die diese seit dem Jahr 2010 führt. Nicht alle Ghettos sollen jedoch zu neuen sogenannten „Strafzonen“ mit doppeltem Strafmaß werden. Die entsprechende Entscheidung soll von den lokalen Polizeichefs getroffen werden, meldet die dänische Zeitung „Belingske“.

Kritiker des nun geplanten juristischen Vorgehens monieren derweil die Verwechslung von Ursache und Wirkung. So habe es Dänemark in der Vergangenheit versäumt, die Zuwanderer durch sinnvolle Maßnahmen zu integrieren. Nun einen Grundpfeiler eines Rechtsstaats, das Prinzip der gesetzlichen Gleichbehandlung, aufzugeben, sei der falsche Weg, kritisiert etwa „Belingske“.

Die Regierung weist dies mit dem Hinweis zurück, dass in den genannten Ghettos alle Menschen gleich behandelt werden sollen, auch wenn sie von außerhalb kämen. Den integrationspolitischen Versäumnissen soll anders begegnet werden. So plane man, den Kommunen eine Milliarde Kronen, was etwa 134 Millionen Euro entspricht, zur Verfügung zu stellen. Das Geld soll diejenigen Kommunen belohnen, denen es gelingt, die örtlichen Einwanderer und deren Nachkommen in Lohn und Brot zu bringen.

Die Zeitung „Ekstra Bladet“ macht einen grundsätzlichen Fehler im geplanten Vorgehen der dänischen Regierung aus. Demnach sei die Kriminalität nicht das Hauptproblem dänischer Ghettos. So würden von den insgesamt 22 nur zwei eines der offiziellen Kriterien eines Ghettos vorweisen – eine signifikant erhöhte Kriminalitätsrate.

Bei den neuen Maßnahmen kann Rasmussen jedoch auch auf die Zustimmung der Opposition vertrauen. So erklärte etwa Trine Bramsen von den Socialdemokraterne, der neue juristische Ansatz sei „vernünftig“. Ginge es nach den dänischen Genossen, würde das Stellen von Asylanträgen im Land gänzlich abgeschafft und nur noch in von Dänemark geführten Lagern in Nordafrika möglich.

Um als dänisches „Ghetto“ zu gelten, müssen offiziell drei von fünf Kriterien erfüllt sein. Die Gebiete müssen mehr als 1.000 Einwohner haben, eine hohe Arbeitslosigkeit, eine hohe Anzahl von Bewohnern mit nicht-westlichem Hintergrund, eine hohe Kriminalitätsrate sowie niedrige Ausbildungs- und Einkommensniveaus aufweisen.

Bis spätestens Frühjahr 2019 muss Rasmussen Neuwahlen ausschreiben. Seine bürgerliche Partei Venstre (Rechtsliberale Partei) liegt in Umfragen klar hinter den Socialdemokraterne. Die Vorsitzende der Socialdemokraterne Mette Frederiksen sieht ihre Partei in „einer Wertegemeinschaft“ mit der rechtsgerichteten und populistischen Dansk Folkeparti (Dänischen Volkspartei).

Sollte es beu der nächsten Folketingswahl für den Wahlsieg reichen, strebt Frederiksen eine enge Zusammenarbeit mit der Dansk Folkeparti, der „AfD Dänemarks“ an, was die einstige Arbeiterpartei der Socialdemokraterne als Steigbügelhalter von Faschisten ad absurdum stellt.

von

Günter Schwarz – 05.03.2018

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Günter Schwarz – 05.03.2018