Erik Niels Smit hisst am 30. März 1666 im Auftrag des dänischen Königs Frederik III. auf der Karibikinsel Sankt Thomas (Saint Thomas) den Danebrog. Das ist der Beginn der dänischen Kolonie Dänisch-Westindien.

Sankt Thomas ist heute unter dem Namen Saint Thomas eine Insel der Amerikanischen Jungferninseln in der Karibik, die zu den nicht inkorporierten Außengebieten der Vereinigten Staaten zählt. Auf der Insel befindet sich auch die Hauptstadt des Gebietes, Charlotte Amalie. Von 1666 bis 1917, als Dänemark seine Dänisch-Westindien Kolonien für 25 Millionen US-Dollar an die USA verkaufte, war Saint Thomas die wichtigste der drei Inselkolonien im ehemaligen Dänisch-Westindien, zu denen noch Saint Croix und Saint John gehören.

1493 entdeckte Christoph Kolumbus auf seiner zweiten Reise in die Neue Welt die Insel für Europa. Im 17. Jahrhundert wurden in Dänemark erste Überlegungen angestellt, Kolonien in der Neuen Welt zu erwerben. Kong Christian IV. strebte eigene Handelsverbindungen an, war aber vorerst durch die Konflikte in Deutschland und mit dem Rivalen Schweden gebunden.

Erst Kong Frederik III. konnte sich näher mit den Kolonialplänen seines Vaters in der Karibik beschäftigen und stattete ein Konsortium von Kaufleuten unter der Führung von Erik Niels Smit mit Zollvergünstigungen aus. Im April 1665 schlug Smit dem König die Besetzung von Sankt Thomas vor. Diese Insel war damals weitgehend verlassen, nachdem Spanien die dortigen Ureinwohner vertrieben hatte. Zudem bot sie einen natürlichen Hafen. Nur wenige Holländer lebten hier, die nichts gegen eine dänische Schutzmacht gegen die häufigen Piratenüberfälle einzuwenden hatten. Am 6. Mai 1665 ernannte Friedrich III. Smit zum Gouverneur von Sankt Thomas. Am 1. Juli verließ Smit mit der „Eendragt“ København Richtung Karibik.

Im Februar 1666 schickte Smit ein Schiff zurück nach Dänemark. Es war beladen mit Tabak, Guajakholz, Rohrzucker, Kakao, Zimt und einigen Schildkröten. Möglicherweise kaufte er diese Waren auch auf anderen Inseln. Am 30. März 1666 hisste Smit dann im Namen der Dansk Vestindisk Kompagni (Dänisch Westindien-Kompanie) den Dannebrog auf Sankt Thomas, das damit fortan zum Königreich Dänemark-Norwegen gehörte.

Ab 1672 wuchs die Einwohnerzahl und besonders die Stadt Christiansfort entwickelte sich schnell. 1691 wurde sie nach der dänischen Königin, der Frau Christians V., Charlotte Amalie benannt. Auf der Insel wurden Zuckerrohr-Plantagen errichtet. Schon 1688 befanden sich 47 Plantagen auf Sankt Thomas. Die Plantagen erforderten eine steigende Anzahl an Arbeitskräften, die man als Sklaven aus Afrika verschleppte. Schon 1690 waren zehnmal mehr Afrikaner als Europäer auf der Insel. Den folgenden Aufschwung verdankte die Insel dem Handel mit Rum und dem Sklavenhandel.


Seekarte des Hafens von Sankt Thomas (1884)
Von 1685 bis 1693 befand sich auf der Insel die von Dänemark gepachtete kurbrandenburgische Kolonie St. Thomas. Die Insel Sankt Thomas zog viele Piraten an, die in den vielen Buchten Unterschlupf fanden und von dort aus Schiffe in der Karibik plünderten. Die bekanntesten Seeräuber, die Saint Thomas besuchten, waren Blackbeard und Bluebeard. Noch 1822 beklagte sich die spanische Regierung darüber, dass Seeräuber ihren Aufenthalt auf Saint Thomas hatten, wurde aber vom dänisch-westindischen Gouverneur abgewiesen. Erst 1829 endete dort die Zeit der Piraten.

Die Dänen unterhielten Zuckerrohrplantagen und führten Zucker, Tabak und Rum aus. Der Dreieckshandel der Kolonie war für 200 Jahre ein wichtiger Bestandteil der dänischen Wirtschaft. Die „Dansk Vestindisk Kompagni“ erhielt das Recht, alles aufzukaufen, was produziert wurde. Als Monopolist war sie verantwortlich für den Handel mit Dänemark. Vor allem entwickelte sich København als Zielhafen der Segelschiffe aus Westindien. Aber auch die damals zum dänischen Gesamtstaat gehörende Hafenstadt Flensburg konnte von dem Boom profitieren und wurde besonders durch den Handel mit Rohrzucker, aus dem Rum gebrannt wurde, zur „Rumstadt“ des dänischen Königreichs.

Nachdem 1755 der dänische Staat Dänisch-Westindien erworben hatte, hatten alle dänischen Schiffe Zugang zu den Inseln. Für Dänemark wurde die Zuckersteuer zu einer festen Einnahmequelle. 1790 betrug die Zolleinnahme 6.000 Reichstaler, 40 Jahre später waren es über 10 Millionen Reichstaler. Gleichzeitig stieg der dänische Handel mit den Inseln stark. Während um 1760 nur drei bis vier Schiffe jährlich die Inseln ansteuerten, waren es ein Jahrzehnt später schon 35 jährlich. Als die südamerikanischen Staaten 1804 den Krieg um ihre Unabhängigkeit begannen, kam es zu einer Blütezeit auf Sankt Thomas, weil der dänische König Charlotte Amalie zum Freihafen erklärte. Während der Kriege gegen Spanien wurde der Handel für beide Seiten im neutralen Charlotte Amalie abgewickelt. Allein im Jahr 1804 kamen mehr als 1.300 Schiffe in den Hafen und 1820 über 2.300.

1839 wurde Sankt Thomas Stützpunkt der britischen Royal Mail Steam Packet-Gesellschaft. Nachdem die Gesellschaft die Insel verlassen hatte, kam die Hamburg-Amerika-Linie nach Sankt Thomas. Erst nach 1840 verließen viele die Insel. Am 3. Juli 1848 verkündete der dänische Gouverneur von Stolten die Aufhebung der Sklaverei, er kam damit einer drohenden Rebellion der in großer Überzahl auf den drei Inseln lebenden Sklaven zuvor. Die Bevölkerung setzte sich aus drei Gruppen zusammen, die Bevölkerungsmehrheit stellten die aus Afrika verschleppten Sklaven, von ihnen stammen auch die als Kreolen bezeichneten Mischlinge ab, diese besaßen einige Sonderrechte. Zur Gruppe der Europäer zählten neben den Kolonialbeamten und Soldaten aus dem dänischen Mutterland noch englischstämmige Plantagenbesitzer und Pflanzer.

1917 kauften die USA die Insel zusammen mit Saint John und Saint Croix für 25 Millionen US-Dollar, da man befürchtete, deutsche U-Boote könnten sich dort verstecken und Angriffe gegen US-Schiffe führen. Außerdem hatte es einen langen wirtschaftlichen Niedergang gegeben. Die USA verfolgten mit dem Kauf ein strategisches Ziel. Sie wollten die Kontrolle über die Karibik und über den Panamakanal gewinnen.

Saint Thomas diente während des Zweiten Weltkriegs als Militärbasis. Seit 1954 ist der offizielle Status der drei Inseln festgeschrieben und ein lokaler Senat wurde eingerichtet, der von den Republikanern und Demokraten dominiert wird. 1970 erhielten die Amerikanischen Jungferninseln innere Autonomie.

Heute ist der Tourismus der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Dieser wird begünstigt durch relativ günstige Flugpreise und eine gute Anbindung des Cyril E. King-Flughafens an das inneramerikanische Flugnetz. Innerhalb der USA herrscht nur hier auf den Jungferninseln Linksverkehr. Die Fahrzeuge haben allerdings alle einen Linkslenker. Das Straßennetz ist gut ausgebaut. In den letzten Jahrzehnten hatte Saint Thomas mehrere Naturkatastrophen zu verkraften. Der Hurrikan Hugo wütete 1989 und die Hurrikane Luis und Marilyn 1995.

Obwohl Dänisch-Westindien oder Dansk Vestindien, wir es Dänisch heißt, bereits seit über 100 Jahren zu den USA gehört, zeigen sich auch heute noch viele dänische Einflüsse auf den Inseln. Am sichtbarsten ist der Dannebrog im Siegel der Amerikanischen Jungferninseln und an vielen Gebäuden. Einige dänische Wörter finden sich im lokalen englischen Dialekt, zum Beispiel Velkommen (Willkommen). Die Straßenschilder sind oft zweisprachig, und seit Ende des 20. Jahrhunderts gibt es ein wachsendes Interesse an den Inseln als Reiseziel geschichtsinteressierter Dänen und Norweger. Einflüsse Dänemarks sieht man außerdem in der Kolonialarchitektur und im Möbeldesign.

von

Günter Schwarz – 30.03.2018