Oberlandesgericht Schleswig ist am Zug im Fall Puigdemont
(Schleswig ) – Der Ex-Regierungschef von Katalonien, Carles Puigdemont, soll nach dem Willen der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein an Spanien ausgeliefert werden. Die Strafverfolger hätten einen Auslieferungshaftbefehl beim Oberlandesgericht in Schleswig beantragt, teilte die Justizbehörde am heutigen Dienstag mit.
Nach intensiver Prüfung des Europäischen Haftbefehls des Tribunal Suprema in Madrid vom 23. März 2018 sei der Generalstaatsanwalt zu dem Ergebnis gelangt, „dass ein zulässiges Auslieferungsersuchen vorliegt, mit einer Durchführung des ordnungsgemäßen Auslieferungsverfahrens zu rechnen ist und der Haftgrund der Fluchtgefahr vorliegt“.
Mit dem Europäischen Haftbefehl wollen die spanischen Behörden die Auslieferung des Verfolgten wegen der Straftatbestände der Rebellion und der Veruntreuung öffentlicher Gelder erreichen.
Der Vorwurf der Rebellion beinhalte im Kern den Vorwurf der Durchführung eines verfassungswidrigen Referendums trotz zu erwartender gewaltsamer Ausschreitungen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit. Das finde eine vergleichbare Entsprechung im Deutschen Strafrecht in den Paragrafen 81, 82 Strafgesetzbuch (Hochverrat). Eine wortgleiche Übereinstimmung der deutschen und spanischen Vorschriften sei insoweit gesetzlich nicht gefordert, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit.
Nach dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft auf einen Auslieferungshaftbefehl ist jetzt das Oberlandesgericht (OLG) n Schleswig am Zug: Es muss zunächst prüfen, ob Puigdemont in Auslieferungshaft genommen wird. Das OLG zieht dazu die Unterlagen aus Spanien heran, aus denen sich der Grund für die Auslieferung ergeben muss.
In einem weiteren Schritt prüft das OLG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft dann, ob eine Übergabe von Puigdemont an die spanischen Behörden rechtlich zulässig ist. Sollte das nach Ansicht des OLG der Fall sein, befindet über deren Durchführung abschließend die Generalstaatsanwaltschaft Schleswig. Puigdemont könnte gegen die Entscheidung aber noch Verfassungsbeschwerde einlegen.
Nach Medienberichten will die deutsche Bundesregierung keinen Einfluss auf die Entscheidung der Justiz auf das Auslieferungsverfahren nehmen. Anhänger der Separatisten wollen eine Auslieferung mit dem Argument verhindern, in Spanien könne Puigdemont nicht mit einem fairen Prozess rechnen. Regierungssprecher Steffen Seibert hat dagegen erklärt, Spanien sei ein demokratischer Rechtsstaat. Der Katalonien-Konflikt müsse „innerhalb der spanischen Rechtsordnung“ gelöst werden.
Die Madrider Zentralregierung unter den konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy weist seit Jahren alle Versuche der Separatisten zurück, Katalonien von Spanien abzuspalten. Nach der Flucht Puigdemonts setzte Rajoy Neuwahlen in der Autonomen Region Katalonien kurz vor Weihnachten durch. Entgegen seinen Hoffnungen konnten die Separatisten allerdings ihre knappe Mehrheit im Regionalparlament in Barcelona behaupten.
Der Politiker war auf der Rückfahrt von einer Skandinavien-Reise nach Belgien am 25. März auf der Autobahn A7 bei Schuby in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Gegen ihn liegt ein Europäischer Haftbefehl vor. Nach Belgien hatte sich Puigdemont im vergangenen Herbst im Zuge des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums in Katalonien ins Exil geflüchtet. Das Amtsgericht Neumünster entschied am 26. März 2018, dass Puigdemont weiter im Gewahrsam bleibt.
Puigdemont hat vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens Widerspruch gegen den Vorwurf der Rebellion eingelegt. Darüber hinaus forderte er das Gericht auf, Anschuldigungen zurückzuweisen, er habe öffentliche Mittel veruntreut, wie aus einem am Montag von spanischen Medien zitierten 85-seitigen Einspruch hervorgeht. Am 1. Oktober, dem Tag des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums, habe es keinerlei Gewalt gegeben – das sei aber nach geltendem spanischen Recht die Voraussetzung für den Vorwurf der Rebellion, hieß es in dem Widerspruch weiter.
von
Günter Schwarz – 03.04.2018