Immer wieder findet Gesellschaft und Politik einen Grund, darüber zu diskutieren, was zu „unserer Kultur“ passt oder auch nicht. Auffallend dabei ist, dass die Urheber solcher Diskussionen mit schlafwandlerischer Sicherheit an wirklichen Themen vorbei laufen. Ein guter Anstoß wäre die Preisverleihung Echo2018, zu dem die beiden Rapper Fahrid Bang und Kollegah einen Preis bekamen und damit weit neben allem liegen, was man als Kultur wahr haben möchte. Anastasia Petrovna, das „Literatur-Fräulein“ dieser Kolumne jedenfalls dreht im Moment komplett frei. Wie ist es im Land der „Dichter und Denker“ nur möglich, dass solche menschenverachtene Texte Kulturpreise gewinnen? Für eine gleichaltrige Ukrainerin ist es klar, dass jemand mit Zuhälter-, Gewalt- und Prostitutionspropaganda im Land der „Menschenhändler und Sextouristen“ selbstverständlich einen Preis bekommt.

Vielleicht wäre es doch einmal nötig, die „Kulturdebatte“ tatsächlich zu Ende zu führen, um zu definieren, ob menschen- und frauenverachtene Liedtexte tatsächlich in den Kunst- und Kulturbegriff dieses Landes gehören, bzw. ob man ihnen sogar Preise verleiht? Etwas lächerlich und auch beschämend wirkt so eine Preisverleihung auch und insbesondere vor dem Hintergrund, dass bis vor wenigen Wochen noch eine Änderung der Nationalhymne auf der Agenda stand, da die Wörter „brüderlich“ und „Vaterland“ frauenfeindlich wären. Was bitte sind denn dann die Texte von diesem Möchtegern-Zuhälter Kollegah oder seinem Berufskollegen Fahrid-Bang?!

„Wenn DAS in Deutschland Kultur sein soll“, schimpft die aus Russland stammende Literatur-Studentin Anastasia, „fallen mir für eine Kultur-Kolumne sicherlich keine Themen mehr ein. Denn ich habe eine komplett andere Auffassung von Kultur!“ Wir hoffen sehr, dass uns junge, kulturbegeisterte Menschen nicht davonlaufen – nur weil wir in Deutschland einen Kulturbegriff annehmen, wie eine schlecht gelaunte Hafen-Nutte, um an den Textjargon der frisch ernannten Preisträger anzulehnen.