Dänischer Justizminister propagiert „Menschenrechtsreform“ ganz im Sinne der Türkei, Ungarns und Russlands
(København) – Bei einer Konferenz des Europarates wirbt der dänische Justizminister Søren Pape Poulsen (Venstre / Rechtsliberale Partei) dafür, die Befugnisse des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu beschneiden wobei er ausgerechnet Unterstützung von türkischer und russischer Seite erfährt, was alle Demokraten Europas zu denken geben sollte.- Asterix würde es so formulieren: „Die spinnen, die Dänen!“
Die dänische Regierung will nach den Worten des Justizministers den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte reformieren. Dessen Entscheidungen und das geltende Menschenrechtssystem seien seiner Auffassung nach nicht mehr zeitgemäß und helfen vor allem kriminellen Ausländern. Aus diesem Grund will der dänische Justizminister Søren Pape Poulsen bei einer Konferenz des Europarates in København am Donnerstag und Freitag dafür werben, die geltenden Befugnisse des Gerichtshofes einzuschränken.
„Es ist wichtig, dass wir ein fokussiertes und effektiveres Menschenrechtssystem bekommen, bei dem der Gerichtshof nicht ständig über Fragen auf der ganzen Welt entscheidet“, so der Minister. Wenn die nationalen Gerichte Entscheidungen treffen, soll der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte künftig das Urteil nicht mehr überstimmen können, fordert Pape Poulsen. Dieses gelte insbesondere in Fällen, bei denen es um die Ausweisung von kriminellen Ausländern gehe.
Dänemark, das derzeit den Vorsitz des Europarates innehat, hatte bereits im Februar einen Vorschlag zur Reformierung des Menschenrechtssystems vorgelegt, dieser war einigen der 47 Mitgliedsländern allerdings zu radikal und wurde abgelehnt. Unterstützung bekam der dänische Vorschlag am Donnerstag von türkischer und russischer Seite. Man könne die Erklärung akzeptieren, sagte der türkische Justizminister Abdulhamit Gül in einem Interview nach dem Treffen. Sein russischer Kollege Aleksandr Konovalov sagte: „Das ist ein gut ausgearbeitetes Dokument. Wir sind der Meinung, dass eine Konferenz wie diese dabei hilft, ein gutes Gleichgewicht zwischen der Interpretation der Konventionen des Gerichtshofes und der nationalen Interpretationen zu finden.“
Kritik kommt hingegen aus dem eigenen Land der rot-grünen dänischen Partei der Enhedslisten (Einheitsliste). Sie wirft der dänischen Regierung vor, auf Druck der rechtsradikalen und rechtspopulistischen Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) ihren Vorsitz im Europarat dafür auszunutzen, die Menschenrechte zu schwächen – und dieses in einer Zeit, in der diese in Ländern wie Russland, der Türkei und Ungarn stark unter Druck stehen und die Menschenrechte mit Füßen treten. „Wenn die Regierung die Ambition hat, dass sich der Gerichtshof nicht mehr um die grundlegenden Rechte der Menschen kümmern darf, ist dieses ein Geschenk und geradezu ein Freibrief für Putin, Erdoğan, Orbán & Co.“, sagt Nikolaj Villumsen, Mitglied der parlamentarischen Versammlung des Europarates für die Enhedslisten
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Günter Schwarz – 17.04.2018