(København) – Die Gewerkschaftsmitglieder müssen die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst Dänemarks noch gutheißen, auf die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer am Freitag für die kommunalen und am Samstag für die staatlichen Mitarbeiter in letzter Minute geeinigt haben. Viele Lehrer sind enttäuscht über den Vertragen und sagen: „Für uns ist der Kuchen noch nicht gegessen!“

Am Wochenende gingen die langwierigen Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst nach Schlichtung und mehrmaligen Verzögerungen in letzter Minute zu Ende. Drei große Streitpunkte hatte es bei den Verhandlungen bis zuletzt gegeben – einer davon war die Arbeitszeit der Lehrer.

Um Streiks und Aussperrungen zu vermeiden, hatten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer letztlich darauf geeinigt, den Punkt zu verschieben – auf die nächsten Tarifverhandlungen im Jahr 2021. Bei vielen Lehrern hat das für Unverständnis und Unmut gesorgt, so dass viele von ihnen nun wohl gegen den vereinbarten Tarifvertrag stimmen werden, sagt Dorte Lange, stellvertretende Vorsitzende der Lehrergewerkschaft Danmarks Lærerforening.

„Wir wissen, dass viele Lehrer enttäuscht sind und dass viele aus Protest mit Nein stimmen werden, weil sie mit der Behandlung, die ihnen seit vielen Jahren zuteil wird, nicht zufrieden sind“, sagt sie.

Diese Woche wird sie sich mit Gewerkschaftschef Anders Bondo Christensen treffen und den Tarifvertrag den Betriebs- bzw. Personalräten vorgestellen. Die werden das dann an die Kollegen in den Schulen weitergeben. Sollten die Gewerkschaftsmitglieder sich dann entscheiden, gegen den Tarifvertrag zu stimmen, kommt es im Schulwesen zum Arbeitskampf.

So müssen sich Dorte Lange und Anders Bondo Christensen müssen fragen lassen, ob sie nicht zurücktreten sollten, obwohl Lange sagt, dass das die Abstimmung aber nicht beeinflussen solle.

Das erste von sechs Treffen dieser Art hat es schon gestern am Montagnachmittag in København gegeben. Zwar sei vielen die Freude groß, dass es nicht zum Arbeitskampf komme – doch ebenso groß sei die Enttäuschung über die verschobene Arbeitszeit-Frage, sagt Lange. „Viele sind auch sauer darüber, dass wir nicht mehr gekämpft und den Konflikt angenommen haben. Darüber müssen wir mit ihnen reden und Rechenschaft ablegen“, sagt sie.

Dennoch hat der Arbeitskampf im öffentlichen Dienst die Gewerkschaften erneut weiter in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht. In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Gewerkschaftsmitlieder in Dänemark gestiegen. Laut Danmarks Radio ist es eine Folge der großen Aufmerksamkeit, die die Gewerkschaften im Zuge des erst kürzlich beigelegten Arbeitskampfes erhielten. In Dänemark gibt es 2,05 Millionen Gewerkschaftsmitglieder. Bei einer Erwerbsbevölkerung von 2,6 Millionen (selbständig Tätige nicht inbegriffen) entspricht dieses einem gewerkschaftlichen Organisationsgrad von fast 80 % bzw. etwas weniger, wenn man die Gewerkschaftsmitglieder im Ruhestand berücksichtigt.

von

Günter Schwarz – 01.05.2018