Warum feiern so viele Dänen am 1. Mai?
Der „Internationale Arbeitertag“ oder der „Tag der Arbeit“ ist technisch gesehen kein gesetzlicher dänischer Feiertag, wie es in vielen anderen Länder so auch in Deutschland der Fall ist. Aber viele Arbeitgeber, vor allem im öffentlichen Sektor, geben ihren Arbeitnehmern am 1. Mai einen Tag frei.
Der „Tag der Arbeit“ in Dänemark ist geprägt von flammenden Reden, roten Transparenten, Arbeiterliedern und keinem Mangel an Bier und Kaffee.
Die internationale Tradition begann 1890 in Dänemark nicht lange nachdem Arbeiter auf der ganzen Welt den ersten Tag im Mai gewählt hatten, um für die Einführung des achtstündigen Arbeitstages zu werben. Zu dieser Zeit nahm auch Dänemarks Gewerkschaftsbewegung an dem großen Kongress in Paris teil, um das 100-jährige Bestehen der Französischen Revolution zu feiern, und die dänische Arbeiterbewegung wurde geboren, schreibt die Gewerkschaftszeitschrift „Fagbladet 3F“.
Der Internationale „Tag der Arbeit“ wurde 1890 zum ersten Mal in Københavns Fælledparken gefeiert, der bis heute der Inbegriff der Reden von Gewerkschaftsführern und Politikern geblieben ist.

„Tag der Arbeit“ 1957 in København.
Später begannen Politiker, insbesondere auf der „roten“ Seite des dänischen politischen Spektrums, die Gelegenheit zu nutzen, um an die Arbeiter in ihrem Sinne zu appellieren und sie zu mobilisieren, für ihre Rechte einzutreten. In diesem Zusammenhang wurde 2013 die ehemalige sozialdemokratische Regierungschefin, Statsministerin Helle Thorning-Schmidt, von einer unzufriedenen Menge in Aarhus ausgepfiffen und ausgebuht, weil sie kritisierte, was damals als zunehmend liberale Politik in ihrer sozialdemokratischen Regierung galt.
In diesem Jahr 2018 haben die Gewerkschaftsorganisatoren in Aalborg, der Heimatstadt der derzeitigen sozialdemokratischen Vorsitzenden, Mette Frederiksen, ihre Einladung an die Oppositionsführerin im Folketing zurückgezogen, ihre traditionelle Rede in der Stadt zu halten. Frederiksens Antwort auf einen kürzlich gelösten Arbeitskonflikt und der Rechtsruck der Partei der Socialdemokraterne war scheinbar der Hintergrund für den Schritt, der schon im März von den Gewerkschaften angekündigt worden war.

Nach der Ausladung von den Gewerkschaften ihrer Heimatgemeinde Aalborg sprach die sozialdemokratische Parteivorsitzende Mette Frederiksen am 1. Mai 2018 in Glostrup bei København.
Nicht nur in Københavns Fælledparken feiern die Arbeiter ihren Tag. Arbeiter in Städten im ganzen Land können an lokalen „Tag der Arbeit“-Rallyes teilnehmen, die normalerweise von Gewerkschaften organisiert werden. Der Anlass wird auch als eine Gelegenheit gesehen, einen freien Tag zu genießen – viele gehen, soweit das Wetter es zulässt, in Parks mit Picknickkörben, Bierdosen und Thermoskannen voller Kaffee.
Auch gemeinsames Singen ist eine eine Tätigkeit, zu der die Dänen nicht viel Ermutigung brauchen, sie ist eng mit dem „Tag der Arbeit“ verbunden. Während Hymnen im Fælledparken in København kaum noch gesungen werden, singen lokale Gewerkschaften immer noch ihre Hymnen. Alte sozialistische Hymnen wie „Die Internationale“und dänische Favoriten wie „Sådan er Kapitalismen“ (So ist der Kapitalismus) oder „Når jeg ser und rødt flag smælde“ (Wenn ich eine rote Fahne sehe) sind am 1. Mai in den sozialen Medien jedoch auch heute nicht ungewöhnlich.
https://www.youtube.com/watch?v=yyY829WwR9A
Dänemarks „Tag der Arbeit“ hat nicht den konfrontativen Ruf wie in Berlin Kreuzberg oder im Hamburger Schanzenviertel – obwohl Deutschland tatsächlich viele seltsame Traditionen in Verbindung mit dem 1. Mai hat – wie die alljährlichen Zusammenstöße zwischen linken Gruppen und der Polizei.
Dennoch bleibt der Tag ein linkes Ereignis auch in Dänemark – und das bleibt es so sehr, dass die Zeitung „MetroXpress“ im vergangenen Jahr eine Parodie über den Vorsitzenden der rechten Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei) veröffentlichte, der am 1. Mai 2017 eine Rede hielt.

Auf der Titelseite von MetroXpress erschien am 1. Mai eine Parodie über eine Rede vom rechten Flügel.
Allen einen schönen „Tag der Arbeit“!
von
Günter Schwarz – 01.05.2018