Am 01. Mai 1890 feiern die dänischen Arbeiter zum ersten Mal mit einem Tag der sozialdemokratischen Demonstration, der ihre internationale Solidarität markiert und an die Massendemonstration von Arbeitern am 1. Mai 1856 in Australien und an die Arbeiterbewegung in den Vereinigten Staaten von Amerika erinnert, die am 1. Mai 1886 zu einem Generalstreik aufriefen, um den Achtstundentag durchzusetzen.

Die Spuren der dänischen Arbeiterbewegung haben ihre eigene Geschichte und gehen zurück auf die 1871 gegründete „Den Internationale Arbejderforening“ (Internationale Arbeitervereinigungung), die 1873 verboten wurde. In der Bewegung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei reorganisierten sich die Arbeiter 1876 erneut und gaben das sogenannte Gimle-Programm heraus. Formal als politische Partei wurde die Partei unter dem Namen Sozialdemokratische Föderation 1878 gegründet. Dieser Name trug offiziell die Partei für fast hundert Jahre, obwohl sie in der Praxis auch eine Reihe anderer Namen verwendete, bis sie 1965 ihren Namen in Dänemark in „Socialdemokraterne“ (Sozialdemokraten) änderte.

In København ereignete sich 1978 während der 1. Mai-Demonstration ein Zwischenfall mit einem Bombenanschlag, als der damals 19-jährige Gymnasiast Allan Steen Kristensen (1958 – 1997) aus Hellerup eine selbst gebastelte Rohrbombe im traditionellen Veranstaltungsort der Feiern zum 1. Mai, dem Fælledparken (Fælledpark), zündete. Dabei wurden vier Personen verletzt, darunter auch der Bombenschütze selbst, der drei Finger seiner rechten Hand verlor, aber niemand wurde getötet. Kristensen wurde von der Polizei verhaftet und am 16. März 1979 vom Østre Landsret (Landgericht Ost) zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt.

Anfang 1886 rief die nordamerikanische Arbeiterbewegung zur Durchsetzung des Achtstundentags zum Generalstreik am 1. Mai auf – in Anlehnung an die Massendemonstration von Arbeitern am 1. Mai 1856 in Australien, welche ebenfalls den Achtstundentag forderte. Der 1. Mai war traditionell auch der „moving day“ (Umzugstag), an dem öfter Wechsel im Beruf oder Wohnort durchgeführt wurden. Es kam darauf zu Massenstreiks und Demonstrationen in den Industrieregionen.

Auch in einer Chicagoer Fabrik für landwirtschaftliche Geräte erklärten sich zu dieser Zeit die Mehrheit der Arbeiter solidarisch gegen die Betriebsleitung und drohten mit Streik, weil sie unzufrieden waren mit dem 12-Stunden-Tag bei einem Durchschnittstagesverdienst von drei US-Dollar. Die Geschäftsleitung reagierte mit Massenaussperrungen und versuchte, die nun 800 bis 1000 freien Stellen mit neuen Einwanderern zu besetzen. Infolge der Kampagnen der sozialistischen „Arbeiter-Zeitung“ meldeten sich jedoch nur 300 neue Arbeiter, während in anderen Fällen Arbeiter vor der Fabrikpforte Schlange standen. Das wurde und wird bis heute als großer Sieg der Gewerkschaft gewertet.

Drei Wochen später hielt August Spies, der Chefredakteur und Herausgeber der „Arbeiter-Zeitung“, am Abend des 01. Mai 1886 auf einer Arbeiterversammlung auf dem Haymarket in Chicago eine Rede. Nach der Haymarket-Versammlung – Ursprung des Arbeiterklassenbewusstseins in den USA – folgte ein mehrtägiger Streik in Chicago und führte zunächst am 3. Mai zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und der Polizei, bei der zwei Demonstranten getötet wurden.

Bei einer Protestkundgebung am Tag darauf eskalierte die Gewalt. Nach der Stürmung der friedlichen Versammlung durch die Polizei warf ein Unbekannter eine Bombe, die einen Polizisten sofort tötete und zahlreiche Polizisten wie auch Demonstranten verletzte. Sechs weitere Polizisten starben an den Folgen des Bombenanschlags. Bei dem anschließenden Gefecht, das in die US-Geschichte als „Haymarket Affair“ eingegangen ist, wurden mehr als 200 Arbeiter verletzt; die Zahl der Toten wird mit sieben Polizisten und schätzungsweise der dreifachen Anzahl auf Seiten der versammelten Arbeiter angegeben.

Acht Anarchisten, die die Kundgebung organisiert hatten, wurden festgenommen und der Verschwörung angeklagt. Vier von ihnen, darunter der Chefredakteur und Herausgeber der „Arbeiter-Zeitung“, Spies, wurden durch den Strang hingerichtet, einer beging in seiner Zelle Suizid. Die noch lebenden drei wurden sechs Jahre später begnadigt.

Auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationale 1889 in Paris wurde zum Gedenken an die Opfer des Haymarket Riot der 1. Mai als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ ausgerufen. Am 01. Mai 1890 wurde zum ersten Mal dieser „Protest- und Gedenktag“ mit Massenstreiks und Massendemonstrationen in der ganzen Welt – so auch in Dänemark und Deutschland – begangen.

Der Internationalismus wurde zum Grundgedanken des Maifeiertags. Zweck der Maifeier war es, wie der Gründer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), August Bebel (1840-1913), in der „Neuen Zeit“ schrieb, „dem Gedanken der Solidarität der Arbeiterklasse in allen Kulturländern Ausdruck zu geben.“

von

Günter Schwarz – 01.05.2018