Kritik gegen Dänisches „Scheinehe-Gesetz“ aus Sønderjylland
(Ærø / Tønder / København) – Nachdem sich das dänische Folketing am Freitag über das neue „Scheinehe-Gesetz“ geeinigt hat, bangt vor allem die Kommune Tønder in Sønderjylland um seine Tourismuseinnahmen, wenn Hochzeiten für Ausländer in Dänemark zentral überprüft werden sollen. Auch auf Als` (Alsens) Nachbarinsel Ærø würde ein wesentlicher Wirtschaftszweig wegbrechen, fürchten die Insulaner – und wollen es lieber wie die Iren machen.
Auf der einstigen Seefahrer-Insel Ærø sitzt der Frust über das neue in København besychlossene „Scheinehe-Gesetz“ tief, das am Freitag vom Folketing beschlossen wurde. Der Tourismus- und Gewerbeverein der Insel ist zwar durchaus der Meinung, dass Schein- und Zweckehen entgegengewirkt werden sollte – doch von der Lösung, die in København beschlossen wurde, hält man auf Ærø wenig.
„Wir haben große Sorge, dass es hier den Hochzeitstourismus in Dänemark zerstören wird. Wir freuen uns gelinde gesagt nicht sonderlich über die gefundene Lösung. Wir befürchten, dass es zukünftig viel weniger Hochzeiten auf Ærø geben wird“, sagt Chris Hammeken, Direktor von „Ærø Turist og Erhvervsforening“.
Der Folketingsbeschluss sieht unter anderem vor, dass eine spezielle Zentraleinheit geschaffen wird, die ausländische Paare überprüft, die in Dänemark heiraten wollen. Diese Einheit soll in København liegen und die Sachbearbeitung bis zu einer Woche dauern. „Zu lange Sachbearbeitung, sorgt für Abschreckung“, meint Hammeken.
„Wir operieren jetzt mit ein bis zwei Tagen. Die kurze Sachbearbeitungszeit ist eine der Ursachen dafür, dass man Dänemark als Heiratsort wählt“, sagt er,
30 Millionen Kronen (rund vier Millionen Euro) bringt der Heiratstourismus der 6.200-Einwohner-Insel jedes Jahr. 2017 wurde dort 2.600 mal geheiratet. Damit gehört Ærø zu den vier großen Heiratskommunen für Ausländer in Dänemark – neben Langeland, København und Tønder.
Die Einnahmen gehen in Zukunft nach København, nicht nach Ærø oder Tønder.
850 Kronen (114 Euro) kassiert die Kommune Ærø von jedem ausländischen Paar, das dort heiraten will. Ein Team von fünf bis sechs Mitarbeitern verwaltet die Eheschließungen. Durch den neuen Beschluss werden sich die Kosten auf 1.618 Kronen (217 Euro) erhöhen. Und sie werden nicht mehr in Ærø eingenommen, sondern an die neue Zentraleinheit gezahlt.
„Dass die Gebühren steigen und dass die Sachbehandlungszeit steigt, sind zwei wesentliche Probleme“, meint Hammeken. Die Kommune Ærø will sich weiterhin für eine Lösung nach irischem Vorbild einsetzen, wo die Verantwortung, Zweckehen zu verhindern, bei den Kommunen liegt.
Bislang waren es die Kommunen, die Eheschließungen genehmigen, wenn die Papiere in Ordnung sind. In Irland haben die Kommunen die Befugnis, nähere Informationen einzuholen und ein Paar gegebenenfalls abzuweisen, wenn es Verdachtsmomente gibt. Diese Lösung wünscht sich Hammeken auch für Dänemark.
Tønders Bürgermeister ist überzeugt und sagt: „Wir können diese Aufgabe durchaus selbst lösen.“ In Tønder, wo jährlich rund 2.000 ausländische Paare heiraten, hat Bürgermeister Henrik Frandsen (Venstre (Rechtsliberale Partei) sich seit Beginn der Debatte im Februar für ein solches Modell stark gemacht – ohne bei der Regierung auf Gehör zu stoßen. „Ich betrachte eine solche Entscheidung als Zentralisierung und als Generalverdacht gegen die Kommunen. Wir können diese Aufgabe durchaus selbst lösen“, sagte Frandsen Ende Februar, und: „Ich bin gegen Pro-forma-Ehen, aber das ist nicht das, was in Tønder geschieht. Wenn die Leute zu uns kommen, um zu heiraten, sind das Frauen in fantastisch schönen Kleidern“, meint Frandsen, niemand komme unfreiwillig.
Sozialministerin Mai Mercado (Det Konservatve Folkeparti)sagt: „Unter meiner Aufsicht wird es kriminellen Netzwerken nicht gestattet sein, Hochzeiten in Dänemark als Hintertür nach Europa zu nutzen.“
In Dänemark soll es für ausländische Bürger künftig nicht mehr möglich sein, durch Pro-forma-Hochzeiten, wie Schein- oder Zweckehen in Dänemark genannt werden, die EU-Bürgerschaft zu erwerben. Die Regierung will dieses durch das neue Gesetz verhindern.
von
Günter Schwarz – 05.05.2018