kultur.INsite: Bunker, Bomben, Menschen – Wechselnde Ausstellungen im Flandernbunker Kiel Wik
Der ehemalige Marinehochbunker, der „Flandernbunker“ in Kiel Wik, hat sich als Mahnmal im öffentlichen Raum erhalten. Seinen Namen erhielt er 1943 zur Stärkung des Heldenmythos im NS-Staat aufgrund des benachbarten „Flandernplatzes“ mit seinem „Flanderndenkmal“, das 1927 für die Gefallenen des „Marinekorps Flandern“ im Ersten Weltkrieg am „Tirpitzhafen“ errichtet worden war. Der 1943-44 gebaute dreigeschössige Bunker hat eine Grundfläche von 550 Quadratmetern bei einer Wandstärke von bis zu 2,5 m.
Nachdem der Verein Mahnmal Kilian den Bunker zum Zweck der Geschichtsvermittlung und Friedensförderung erworben hatte, wurde er 2004 unter Denkmalschutz gestellt und behutsam saniert. Heute beherbergt der Bunker einen geführten Rundgang mit wechselnden Ausstellungen, seine ehemalige Funktion sowie den Weg zum Ersten und Zweiten Weltkrieg und die Zeit des Nationalsozialismus. Zuweilen finden Veranstaltungen statt, zu denen Zeitzeugen des letzten Krieges von ihren Erlebnissen berichten und Bezüge zur Gegenwart herstellen.
In Konzept und Funktion unterscheidet sich der „Flandernbunker“ als Mahnmal maßgeblich von dem großen Marineehrenmal in Laboe, da im Flandernbunker nicht vorrangig den gefallenen Schiffsbesatzungen und Soldaten gedacht werden soll, sondern eine Brücke zu all den zivilen Opfern geschlagen wird, die unter den Bombenangriffen in Kiel und vielen anderen Städten gelebt und gelitten haben. Der „Flandernbunker“ mahnt also nicht vorrangig an gefallene Soldaten oder der Ermordung bestimmter Bevölkerungsgruppen, sondern er steht für das Grauen des Krieges unter ganz bürgerlichen Familien und Zivilisten.
Die im „Flandernbunker“ zu besichtigende Ausstellung „Bunker, Bomben, Menschen“ ist ein Kriegszeugenprojekt, zu dem Menschen willkommen sind, Erlebnisse aus der Kriegszeit oder Erlebnisse heutiger Kriege mitzuteilen und eventuell sogar für sich selbst zu verarbeiten.
Das Vermitteln von Erlebtem steht insofern im Interesse, als dass wir uns in einer Zeit bewegen, in der Geschichtsvergessenheit nicht selten besorgniserregende Früchte trägt. Schon lange klopfen Kriege unmittelbar an die Tore Europas. Seit 2014 haben wir einen bewaffneten Konflikt in der Ostukraine und auch im Süden der Türkei wird geschossen und gebombt. Immer mehr Geflüchtete lassen sich in Europa und Deutschland nieder.
Wenn darüber hinaus der Präsident einer mächtigen Militärmacht mit seinem „großen Nuklearwaffen-Knopf“ prahlt und spezielle neue Atomwaffen (Mini-Nukes) entwickeln lässt, die „nur“ die Sprengkraft der Hiroshima-Bombe „Little Boy“ haben, um somit eine Bereitschaft erleichtern sollen, diese Waffen auch tatsächlich gegen Russland einzusetzen, Rechtspopulisten einen Bürgerkrieg herbeisehnen oder Journalisten nur allzu leichtfertig über Optionen eines möglichen, bevorstehenden Krieges gegen Russland berichten, ist es höchste Zeit, sich dunklere Kapitel der Geschichte Europas in Erinnerung zu rufen.
Dass man dazu gar nicht immer allzu weit in die Vergangenheit schweifen muss, zeigt die Arbeit des in der Ukraine geborenen Photografie- und Medienkünstlers Valentyn Odnovium. Am 25. Mai eröffnet der „Flandernbunker“ seine Ausstellung „The Process“, in dessen Zuge der Künstler Fotoaufnahmen von Gefängnishöfen und Blicke durch die Spione der Zellentüren ehemaliger KGB-Gefängnisse der baltischen Staaten, der Ukraine und des Stasi-Gefängnisses Hohenschönhausen in Ost-Berlin zeigt. Dieselben Gefängnisse wurden während der NS-Zeit von der GeStaPo genutzt.
Für den Künstler steht „der Spion“ als Metapher für das Beobachten der Freiheit der Menschen. Die Ausstellung korrespondiert mit Andrea Czesienskis Theaterstück „Amok oder Koma sein“, welches ebenfalls in den Räumen des „Flandernbunkers“ am 25. und 26. Mai (jeweils um 19 :00 Uhr) aufgeführt wird.
Michael Schwarz / 11.Mai 2018