(Newcastle) – Der Missbrauchsskandal in Australien hat jetzt endlich auch für ranghohe Vertreter der römisch-katholischen Kirche ernste Folgen. Wegen der Vertuschung von Missbrauchsvorwürfen gegen einen anderen Geistlichen ist der 67-jährige australische Erzbischof Philip Wilson am Dienstag schuldig gesprochen worden. Ihm drohen nun bis zu zwei Jahre Gefängnis.

Das Strafmaß wird erst später verkündet. Ein Gericht in Newcastle im Bundesstaat New South Wales kam zu der Überzeugung, dass der heutige Erzbischof von Adelaide in den 1970er Jahren verhindert habe, dass der inzwischen verstorbene pädophile Priester Jim Fletcher zur Rechenschaft gezogen werden konnte.

Der Geistliche soll sich an mindestens vier Jungen vergangen haben. Der Erzbischof behauptete, keine Erinnerung an ein Gespräch mehr zu haben, in dem sich ihm damals einer der Jungen offenbart hatte. Das Gericht schenkte ihm aber keinen Glauben, denn die Richter sahen es als erwiesen an, dass der vor rund 40 Jahren verhinderte, dass der pädophile Priester zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Dass der Priester den damaligen Ministranten Peter Creigh sexuell missbraucht habe, stand in dem Prozess außer Frage. Creigh habe Wilson im Jahr 1976 von dem Vorfall erzählt – ein Gespräch, das der heutige Erzbischof nach Auffassung des Gerichts nicht vergessen haben kann.

Der Erzbischof zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung des Gerichts. Mit seinen Anwälten wolle er nun über die weiteren Schritte beraten, teilte er mit. Wilsons Verteidiger hatten versucht, den Prozess mit Verweis auf Wilsons Alzheimer-Erkrankung beenden zu lassen.

Nicht nur in Australien sollen über Jahrzehnte hinweg zehntausende Kinder von Priestern aller Konfessionen sexuell missbraucht worden sein – viele davon auch im Bereich der katholischen Kirche. Wilson ist einer der ranghöchsten katholischen Geistlichen, die in Zusammenhang mit Kindesmissbrauch bisher verurteilt wurden. Bereits vor drei Wochen hatte ein Gericht in Melbourne entschieden, Vatikan-Finanzchef George Pell wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs den Prozess zu machen.

Es ist höchste Zeit, dass auch die deutsche Justiz die Augen nicht länger vor den Verbrechen an Kindern, begangen durch die „heiligen Männer“, nicht länger verschließt!

von

Günter Schwarz – 22.05.2018