
„Raus hier!“ – DB-Schaffner will SPD-Politikerin aus dem Abteil werfen
(Worms) – So sieht Alltagsrassismus aus: Die SPD-Landtagsabgeordnete von Rheinland-Pfalz, Giorgina Kazungu-Haß, war mit dem Zug von Worms nach Schifferstadt unterwegs. Sie saß mit ihrer Familie im Bahn-Abteil der Ersten Klasse, als der Schaffner kam. Der Schaffner des Regionalexpress wollte die Frau mit dunklerem Hautton aus der 1. Klasse werfen – ohne überhaupt nach ihrem Ticket zu fragen.
Peinliche Momente in einem Zug im Rheinland-Pfalz: Ein Schaffner hat sich nicht vorstellen können, dass die dunkelhäutige rheinland-pfälzische SPD-Landtagsabgeordnete Giorgina Kazungu-Haß mit ihrer Familie Tickets für die 1. Klasse hat. In betont langsamer Sprache habe er die frühere Konrektorin einer Schule aufgefordert, das Abteil zu verlassen, berichtet Kazungu-Haß. „Die Bahn muss ihre Mitarbeiter davor schützen, dass sie sich und andere in solche Situationen bringen“, so die Politikerin.
Kazungu-Haß kam vom Rheinland-Pfalz-Tag in Worms und hatte für die Familie auch 1.-Klasse-Tickets gekauft, weil die Züge sehr voll werden sollten. Als Abgeordnete hat sie ein Netzticket, mit dem sie in der 1. Klasse fahren kann. Dort saß die Familie dann alleine, als der Bahnbedienstete kam.
Giorgina Kazungu-Haß hat kenianische Wurzeln, wurde im biederen Beamtenstädtchen Koblenz geboren, mit 23 Jahren Juso-Landesvorsitzende und hat nach dem Studium als Lehrerin gearbeitet. „Ich bin eine richtige Kartoffel“, sagt sie.
Sie ist mit einem Pfälzer verheiratet, der einen dunklen Hauttyp hat. Und sie habe zu hören bekommen: „Das ist die 1. Klasse, hier können sie nicht sitzen“.
SPD-Kreisvorsitzende in Bad Dürkheim und hochgeschätzt von Fraktionschef Alexander Schweitzer

Zunächst habe der Kontrolleur nicht einmal die Antwort ernst genommen, dass die Familie dafür Tickets habe und keine Diskussion gewollt. „Für meine Kinder war das schlimm, für uns alle peinlich, wir waren froh, dass das 1.-Klasse-Abteil leer war.“
Schaffner: „Sie müssen das verstehen.“ Peinlich wurde es dann dem Bahn-Bediensteten, als Kazungu-Haß ihm die Netzkarte mit dem Abgeordnetenausweis als Legitimation zeigte. „Diese Ausweise kennen Bahnmitarbeiter natürlich.“ Die Antwort habe es zunächst nicht besser gemacht: „Er sagte, ich müsse das verstehen, er erlebe so viel mit solchen Leuten. Da war dann klar, dass es um Ressentiments geht.“
So berichtet Kazunga-Haß auf Twitter

Die Konsequenzen
Der Mitarbeiter der Bahn sei sicher nicht mit dem Vorsatz aufgestanden, an dem Tag etwas Diskriminierendes zu tun, so Kazungu-Haß. Jeder stecke Menschen einmal in Schubladen, sie auch. „Da muss man sich auch erst einmal nicht schämen. Nur wenn man nicht bereit ist, sich das bewusst zu machen.“ Es sei aber symptomatisch, dass sich viele bei Menschen mit anderer Hautfarbe gar nicht vorstellen könnten, es mit Deutschen zu tun zu haben.
Die Bahn sei gefordert, Mitarbeiter so zu schulen, dass sie sich und Reisende nicht in Situationen bringen würden wie am Sonntag. „Die Bahn hat Regeln, deren Beachtung muss sie von Mitarbeitern einfordern.“
von
Günter Schwarz – 08.06.2018