CDU/CSU-Showdown auf Sonntag verlegt
(Berlin) – Schutz der EU-Außengrenze einerseits – Wahrung des Flüchtlingsschutzes, der als Antwort auf das durch den Zweiten Weltkrieg ausgelöste Flüchtlingselend eingerichtet wurde, andererseits. Das sind die beiden Pole der Debatte. Wie unvereinbar sind diese Positionen? Wie wichtig sind humanitärer Schutz und Zuwanderung? Wie soll die Deutschland und die EU mit Flüchtenden umgehen?
Die 4-stündigen Krisengespräche im deutschen Kanzleramt haben am Dienstagabend nicht gereicht, um beim schwelenden Asylstreit zwischen CDU und CSU weiterzukommen. Nun sollen der bevorstehende EU-Gipfel und am Sonntag die Bewertung durch die Parteigremien von CSU und CDU abgewartet werden. Die Lage sei ernst, so Unionsfraktionschef Volker Kauder Mittwochfrüh. SPD-Chefin Andrea Nahles schloss eine Neuwahl nicht aus. Der Showdown dürfte nun auf den Sonntag verschoben sein.
Es habe „ernste Gespräche, aber eben auch kein Ergebnis“ gegeben, bestätigte SPD-Partei- und -Fraktionschefin Andrea Nahles im „ARD-Morgenmagazin“. Nahles sagte, nun solle abgewartet werden, was Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem EU-Gipfel mit den europäischen Partnerländern „an Lösungskorridoren verhandeln kann“. „Das ist auch okay, die Zeit muss auch sein“, sagte die SPD-Chefin. Es sei aber „unbefriedigend“, dass die Hängepartie weiter andauere.
„Wir haben eine ausgesprochen angespannte Lage in dieser Regierung“, so Nahles. „Es ist sehr ernst, das hat man gestern auch in den Gesprächen gemerkt“, sagte Kauder. „Solange miteinander gesprochen wird und auch über die Frage gesprochen wird, wie geht es weiter, ist immer noch Grund, darauf zu hoffen, dass wir zu einem Ergebnis kommen.“ Bei dem Spitzentreffen erschienen für die CDU Merkel, Kauder und Kanzleramtschef Helge Braun, für die CSU Innenminister Horst Seehofer und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Für die SPD nahmen Nahles und Finanzminister Olaf Scholz an der Runde teil.
Der in den vergangenen Tagen besonders von der CSU mit harten Bandagen ausgetragene Konflikt zwischen Merkel und Seehofer über die Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze hat das Verhältnis der Unionsparteien schwer erschüttert. Hintergrund des Streits ist die Ankündigung Seehofers, Asylwerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, an der deutschen Grenze abzuweisen. Ein dauerhaftes Zerwürfnis mit unabsehbaren Folgen für die Große Koalition erschien möglich. Nahles sagte Mittwochfrüh auf die Frage, ob sich ihre Partei auf Neuwahlen vorbereitet: „Das weiß ich noch nicht, (…) das warten wir jetzt mal ab.“
Doch bereits vor dem Krisentreffen am gestrigen Dienstagabend und Merkels Bemühen um europäische Lösungen auf dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel hatten sich beide Seiten in verbaler Abrüstung versucht. Merkel ist gegen einen „nationalen Alleingang“ und möchte auf dem Gipfel für eine „europäische Lösung“ in der Flüchtlingspolitik werben. Die SPD steht in dieser Frage hinter Merkel.
Kauder bestritt, dass die Große Koalition wegen dieses Konflikts nicht handlungsfähig sei. Eine Verständigung gab es laut Kauder und Nahles im Streit über die Details des milliardenschweren Baukindergelds für Familien. Dieses solle nun auf den Weg gebracht und rückwirkend vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2020 gezahlt werden. Kauder sagte, es solle bei dem Kaufzuschuss für Familien nun keine Begrenzung auf 120 Quadratmeter mehr geben. Finanzminister Scholz hatte mit seinem Plan, das neue Baukindergeld für Familien wegen befürchteter Mehrkosten in Milliardenhöhe mit schärferen Auflagen zu versehen, Streit ausgelöst.
von
Günter Schwarz – 27.06.2018