(Frøslev) – Eine neue Ausstellung im Frøslevlager zeichnet ein nuancierteres Bild der „Heldenaktion“ vom Frühjahr 1945, als mit weiß gestrichenen und mit Rot-Kreuz-Zeichen markierte Bussen rund 15.000 überwiegend norwegische und dänische Gefangene und Häftlinge aus deutschen Konzentrationslagern, die im KZ Neuengamme in Hamburg zusammengestellt wurden, gerettet wurden.

Die Ausstellung im Frøslevlager gewährt auch einen Blick in die etwas dunkleren Kapitel dieser humanitären Rettungsaktion, die der Vize-Präsident des Schwedischen Roten Kreuzes Folke Bernadotte ab März 1945 mit Walter Schellenberg und Heinrich Himmler persönlich vereinbart hatte.

„Die Weißen Busse spielen eine entscheidende Rolle in der Grunderzählung über den dänischen Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht und über die Leiden, die die Besatzungsmacht dem dänischen Volk zufügte. Die Weißen Busse waren ein konkreter Ausdruck dessen, dass Volk und Staatsmacht Schulter an Schulter im vereinten Kampf gegen das Böse, die Tyrannei, standen und dass man nicht die Landsleute im Stich ließ, die von der Besatzungsmacht deportiert worden waren“, sagt Museumschef Henrik Skov Kristensen.

Die zweite Nachkriegsgeneration betrachtet die damalige Heldenaktion aus einer neuen Perspektive. Die Ausstellung im Frøslevlager befasst sich auch mit den Fragen der Moral. War es in Ordnung, primär dänischen und norwegischen Gefangenen zu helfen? – Noch dazu auf Kosten Gefangener anderer Nationalitäten?

Mit den Weißen Bussen wurden nämlich rund 2.000 hauptsächlich französische, russische und polnische Häftlinge aus Neuengamme in Außenlager bei Hannover und Salzgitter umquartiert, die sich zudem in einem weit schlechteren physischen Zustand befanden als ihre skandinavischen Leidensgenossen. Die schwedische Historiker Ingrid Lomfors bezeichnete Anfang 2005 diesen Teil der Aktion als „Bruch der Genfer Konvention und Verstoß gegen das Rotkreuz-Prinzip der Unparteilichkeit“.

„Die Berichte von den Weißen Bussen ist in jüngerer Vergangenheit einer kritischen Revision unterzogen worden. Ausgehend von den universellen Menschenrechten wurde kritisiert, dass die Aktion der Weißen Busse primär darauf abzielte, die nordischen Gefangenen zu retten“, sagt Skov Kristensen.

Allerdings müsse Graf Bernadotte zugute gehalten werden, dass ihm auch gelungen war, durch die Aktion mehrere tausend weibliche Gefangene verschiedenster Länder großenteils aus dem Konzentrationslager Ravensbrück zu retten; darunter befanden sich auch Jüdinnen.

von

Günter Schwarz – 05.07.2018