Was geschah am 01. September 1871 in unserem Dänemark?
Dänemarks erste durchsetzungsfähige Gewerkschaft, die Zigarrenmachergewerkschaft „Enigheden“ (Einigkeit), wird am 01. September 1871 gegründet.
Besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat sich das Klassenbewusstsein allmählich innerhalb der wachsenden europäischen Arbeiterklasse verbreitet, wobei die sozialistische Bewegung ihre Theorien entwickelte und zunehmenden Zulauf erhielt.
Am 01. September 1871 gründeten die Zigarrenmacher die Gewerkschaft „Enigheden“, Dänemarks erste moderne Gewerkschaft, die die in der Tabakindustrie tätigen Arbeiter zusammenfasste und gegenüber ihren Arbeitgebern vertrat und stärkte.
Ein wichtiger Teil des Programms der Sozialisten war die Schaffung einer starken und aktiven Gewerkschaftsbewegung, die die Arbeiterklasse im täglichen Kampf für bessere Arbeitsbedingungen zusammenführen konnte. Zuvor wurde die Organisation der Arbeitnehmer nur durch die sogenannten Zünfte vorgenommen, deren Hauptzweck es war, einzelne Betriebe vor externer Konkurrenz zu schützen.
Die Zünfte hatten ihre Funktion und Berechtigung in einer Zeit, als der größte Teil der Produktion noch in kleinen, familiengeführten Unternehmen erfolgte. Aber im 19. Jahrhundert, dem Beginn der Industrialisierung, änderten sich die Produktionsbedingungen radikal und mit zunehmender Geschwingigkeit, so dass in einer kapitalistischen Gesellschaft die Zünfte weitgehend irrelevant wurden.
Massenproduktion stärkte den Großkapitalismus, und eine wachsende verarmte Arbeiterklasse vegetierte am Rande des Existenzminimums dahin. So wurde eine neue Organisationsform der Arbeiterschaft notwendig, und die Gründung der Gewerkschaft „Enigheden“ wurde zum ersten dänischen Beispiel einer modernen Arbeitervertretung.
Der Start für die Gewerkschaftsbewegung war nicht isoliert von der politischen Entwicklung der Arbeiterklasse. Noch im selben Jahr, im März 1871, begann Louis Pio damit, seine sozialistischen Zeitschriften zu veröffentlichen, und etwas später im selben Jahr formierte sich die dänische Abteilung der Internationale.
Die Arbeiterorganisation in Dänemark hatte einen schweren Start, denn der Staat und seine Behörden waren absolut nicht an einer vereinten und starken Arbeiterklasse interessiert. Nach der berüchtigten „Slaget på Fælleden“ (Schlacht auf der Allmende) am 5. Mai 1872 nutzte die Regierung die Chance, den dänischen Zweig der Internationalen zu verbieten. – Die „Slaget på Fælleden“ war ein gewaltsamer Zusammenstoß zwischen Arbeitern, Militär und Polizei am 5. Mai 1872 auf dem Nørrefælled in København. In der Geschichte Dänemarks war es der erste größere Aufstand der neuen Arbeiterbewegung.
Dennoch entwickelte sich die Arbeiterbewegung weiter und nach der Gründung der „Enigheden“ wurden bald eine ganze Reihe von Gewerkschaften in ihren jeweiligen Berufsgruppen gegründet, die in einem gemeinsamen Kampf für ihre beruflichen Rechte eintraten. Erst 1898 wurde ein großer Teil der Gewerkschaften in einer mächtigen Dachorganisation, dem „Samvirkende Fagforbund“, vereinigt, die noch heute existiert und unter dem Kürzel LO bekannt ist.
von
Günter Schwarz – 01.09.2018