(Altenkrempe) – Der Plan war gut, und die Voraussetzungen stimmten. Die Zusage für ein letztes freies Baugebiet in der Gemeinde wurde erteilt. Eine Wohnsiedlung für junge Familien sollte entstehen, denn der Wohnraum ist knapp. Doch in Altenkrempe nördlich von Neustadt/H. im Kreis Ostholstein darf dennoch erst einmal nicht gebaut werden. Denn auch wenn Wohnraum kostbar ist, wird hier noch etwas viel Kostbareres vermutet: ein Stück Landesgeschichte, verdeckt von der Erde eines Ackers.

Im Winter nahm Ingo Clausen auf dem Acker erste Stichproben. Der Archäologe fand Spuren einer ersten Siedlung. „Ein Gebäude aus der römischen Kaiserzeit, das heißt aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert mit entsprechendem Fundgut dazu. Genauso wie wir jungsteinzeitliche Funde nachweisen können, die deutlich älter sind – die fünfeinhalbtausend Jahre alt sind. Das alles ruht hier unter unseren Füßen“, sagt Clausen. Doch auch der Archäologe und sein Team können vorerst nicht weiterarbeiten. Die Kosten für die Ausgrabung sind zu hoch.

Werden solche Funde gemacht, gilt das Verursacherprinzip. Altenkrempe müsste für die Kosten der Grabungen aufkommen – rund 500.000 Euro. „Diese Kosten müssen wir umlegen. Das hat uns einen Tritt in die Magengrube gegeben“, sagt Bürgermeister Hans-Peter Zink. Die Grundstücke würden damit zu teuer werden und die Stadt kann für die Kosten nicht aufkommen. Der Plan für die Wohnsiedlung ist bis auf Weiteres begraben.

Aber auch das Archäologische Landesamt hat für die Grabungen derzeit kein Budget. So stehen beide Parteien vor einem Problem. Zusammen hatten sie das Kultusministerium um Geld gebeten, aber bisher kam von dort ein Nein. Zu groß sei die Sorge, dass dann auch andere Kommunen für Grabungen Geld beantragen würden.

Dass die Grabungen weiteren Aufschluss über die Landesgeschichte geben könnten, ist nicht unwahrscheinlich. Eine Basilika in Sichtweite scheint ein Indiz dafür zu sein, dass unter dem Acker archäologische Schätze begraben sein könnten. Für das Landesamt ist dieses Gebiet quasi der letzte schwarze Fleck auf Schleswig-Holsteins Landkarte. Die Grabungen könnten Licht in dieses Dunkel bringen. Denn niemand weiß bislang, warum in dieser einsamen Gegend einst gebaut wurde.

„Das ist Landesgeschichte, die man hier erforschen kann. Frühe Stadtgründung von Kiel, von Heiligenhafen, alles Ostseehäfen im Prinzip. Dieses Wechselspiel zwischen deutschen Siedlern, der altetablierten slawischen Bevölkerung, diesen Adaptionsprozess, diesen Missionsprozess und dann die deutsche Landnahme. Eben alles das verbirgt sich hier in dem Boden von Altenkrempe“, so Ingo Clausen.

Sollten die Gemeinde oder das Kultusministerium nicht für die Kosten der Grabung aufkommen, wird der Acker so bleiben, wie er derzeit ist. Es kann von der Gemeinde weder gebaut, noch von den Archäologen gegraben werden.

Die Frage, warum hier einst eine Siedlung entstand und wie die Deutschen vor fast tausend Jahren die Slawen von diesem Ort vertrieben und ihn besiedelten, wird somit vorerst offen bleiben.

von

Günter Schwarz – 04.10.2018