Am 11. Oktober 1634 trifft eine Sturmflut den Marschbereich der Nordseeküste im dänischen Herzogtum Slesvig (Schleswig), die mit der großen Sturmflut vom 16. Januar 1362 zu vergleichen ist und die als „Grote Mandränke“ oder „Zweite Marcellusflut“ in die Geschichtsschreibung einging. Diese Sturmflut erhält die Bezeichnung „Zweite Grote Mandränke“ oder „Burchardiflut“.


Burchardiflut von 1634
Innerhalb einiger weniger Stunden gehen eingedeichte Gebiete verloren, an denen Generationen von Menschen gearbeitet hatten. Am schlimmsten traf es die Vadehavsbugten (Wattenmeerbucht) nördlich von Ejdersted (Eiderstedt). Auf der Insel Nordstrand, vor Husum gelegen, schleift das Meer 44 Deiche, und 6.000 der 9.000 Inselbewohner ertrinken. Ferner sterben ungefähr 50.000 Kühe und Pferde alleine auf Nordstrand, und 19 der 22 Kirchen der Insel gehen verloren. Auch auf dem Festland Nordfrieslands ertrinken etwa 3.000 Menschen.


Alt Nordstrand vor und nach der 2. Mandränke
Seit dem späten Mittelalter traten in den nordfriesischen „Uthlanden“ große Landverluste ein. Während der Ersten Mandränke von 1362 und Zweiten Mandränke von 1634 gingen große Teile der Uthlande zwischen Ejdersted im Süden und Sild (Sylt) im Norden auf immer verloren. Die westlichen Seemarschen im Gebiet der heutigen Hallig Hooge, die seit dem frühen Mittelalter besiedelt waren, wurden ebenso in das Wattenmeer einbezogen wie das seit dem hohen Mittelalter kultivierte, vormals vermoorte Sietland.

Katastrophale Sturmfluten im 14. Jahrhundert (Grote Mandränke, Zweite Marcellusflut von 1362) und im 17. Jahrhundert (2. Mandränke/Burchardiflut von 1634) führten zu großen Landverlusten und formten in ihren Grundzügen den heutigen Küstenverlauf der Nordsee. Die Ursachen dieser Katastrophen lagen vor allem in der Geomorphologie begründet. So verlaufen im Untergrund Nordfrieslands tiefe Schmelzwassertäler der letzten Eiszeit, die infolge des ersten nacheiszeitlichen Meeresvorstoßes in dieses Gebiet um 6500 – 4500 v. Chr. mit tonigen, setzungsfähigen Sedimenten verfüllt wurden.

Im späten Mittelalter und erneut im 17. Jahrhundert brachen die großen Prielströme wie die Norderhever, Süder- und Norderaue in diese Gebiete ein, durchbrachen die zu niedrigen Deiche und zerstörten das Kulturland, das örtlich – wie im Gebiet der nördlichen Halligen – durch Salztorfabbau oder Entwässerungsmaßnahmen der ehemals vermoorten Sietlandes stellenweise unter den Stand des Mittleren Tidehochwassers geraten war. In historischen Quellen wird vor allem die Burchardiflut von 1634 dramatisch geschildert, in der die Insel Strand in die Inseln Nordstrand und Pellworm sowie mehrere Halligen auseinanderbrach.


Alt Nordstrand vor und nach der 2. Mandränke
Infolge der katastrophalen Sturmfluten wandelten sich die Küstenlinien der nordfriesischen Uthlande erheblich. Im 14. Jahrhundert ging infolge des Durchbruchs der Hever durch die Lundenbergharde die Landverbindung der späteren großen Insel Strand mit Ejdersted verloren. Die Hever drang bis Husum vor, was den Aufstieg des Ortes zu einer Hafenstadt begünstigte. Infolge der Marcellusflut von 1362 (Erste Grote Mandränke) ging die Edomsharde mit dem sagenhaften Rungholt unter.

Danach bildete sich die hufeneisenförmige Insel Strand heraus, die infolge der Burchardiflut von 1634 (Zweite Grote Mandränke) in die Inseln Nordstrand und Pellworm sowie mehrere Halligen zerbrach. Ferner überdauerte das alte Hochmoor der Insel die Flut, auf dem später die Hallig Nordstrandischmoor aufwuchs.

Weitere Landzerstörungen traten im Gebiet der nördlichen Halligen ein, die oberhalb der alten mittelalterlichen Landoberfläche aufgewachsen sind. Spuren mittelalterlichen Salztorfabbaus sind hier im Gebiet von Hallig Habel, Oland, Gröde und Langeness nachgewiesen.

Nach 1634 gehören die Weihnachtsflut von 1717, die nachfolgende Eisflut von 1718 und die Halligflut zu den größten Naturkatastrophen der frühen Neuzeit. 1717-18 wurden nochmals weite Bereiche der Marschen überschwemmt, während es 1825 nur regional zu Schäden kam.

von

Günter Schwarz – 11.10.2018