kultur.INsite: kann Helfen falsch sein?
Immer wieder hören wir schreckliche Nachrichten über Verbrechen, die direkt oder indirekt mit den Grenzöffnungen 2015 in Verbindung gebracht werden und Kritiker auf den Plan rufen, die politischen Entscheidungen der Kanzlerin zu 2015 als falsch hinzustellen. Menschen zu helfen, ist grundsätzlich nie „falsch“. Dass daraus unliebsame Situationen entstehen können, haben wir unter Umständen auch schon in unserem privaten Umfeld erlebt.
Erst kürzlich bat eine ältere Frau aus meinem Haus darum, mein Telefon benutzen zu können. Es endete damit, dass sie sich volltrunken in mein Wohnzimmer übergab und nur durch die Polizei wieder aus meiner Wohnung entfernt werden konnte.
Eine andere Bekannte erleidet regelmäßig Nervenzusammenbrüche mit Belastungsstörungen, weil sie ständig für alle möglichen Bekannten und Kollegen Gefälligkeiten erledigt – ihr selbst aber nur selten geholfen wird, wenn sie Hilfe bräuchte. In Amerika gibt es das Sprichwort „no good deed goes unpunished“ (keine gute Tat bleibt ungestraft).
Dadurch wird die Tat als solche nicht schlecht oder falsch. Die Oma aus meinem Haus wäre nicht gestorben, wenn sie nicht hätte telefonieren dürfen und auch viele der Kollegen meiner Bekannten würden ihren Krempel sicher auch allein erledigen können, wenn sie es denn wollten. Trotzdem ist es schön zu wissen, dass wir in einer Welt leben, in der man sich noch gegenseitig hilft… und ebenso selbstverständlich lässt man eine Oma telefonieren oder hilft seinen Kollegen… auch, wenn diese unsere Hilfsbereitschaft mit Undank strafen.
Ein vollgekotztes Wohnzimmer-Parkett lässt sich sicher nicht mit einem Gewaltverbrechen vergleichen: wohl aber das Prinzip der Hilfsbereitschaft. „Helfen“ ist nie falsch oder unrichtig – ob es einem dann auch gedankt wird, steht auf einem anderen Blatt… diskreditiert allerdings nie denjenigen, der zunächst einmal geholfen hat!