Ist das dänische Volkstum in Ostangelns Gulde tot?
(Gulde) – Als die dänische Schule in dem Dorf Gulde, das heute zur Gemeinde Stoltebüll in Ostangeln gehört, geschlossen wurde, befürchteten viele, dass auch die dänische Minderheit bald verschwunden sein würde. Wie sieht es jetzt 12 Jahre später diesbezüglich aus?
Was wird, wenn, wie von der Dansk Skoleforening for Sydslesvig (Dänischer Schulverein für Südschleswig e. V.) angekündigt, weitere vier Schulen geschlossen werden, passieren und wird sich das auf die Minderheit auswirken? Diese Frage bewegt derzeit die dänische Minderheit, denn die momentane Debatte über demnächst bevorstehende Schulschließungen hat schon in der Vergangenheit viele Gemüter beunruhigt.
Wie bei den meisten Dingen wiederholt sich die Geschichte. Es ist nicht das erste Mal, dass die Minderheit gegen Schulschließungen kämpft. 2006 wurde die Gulde Danske Skole, geschlossen und die Lesebücher zum letzten Mal zugeklappt. Und was ist danach mit den Mitgliedern der dänische Volksgruppe in Gulde passiert?
„Die dänische Minderheit in Gulde ist tot. Es gibt sie nicht mehr“, erklärt Thomas Voss ohne Zweifel. Heute ist er im Ruhestand, aber viele Jahre war er Lehrer an der Gulde Danske Skole und lebte mit seiner Frau und seinen drei Kindern im Schulgebäude. Heute ist die Schule in Privatbesitz und wird zu Wohnzwecken genutzt. Der ehemalige Lehrer blickt von der Seite des Gehsteigs auf das Gebäude, das viele Jahre lang sein Zuhause und Arbeitsplatz war.
„Die Schule stand im Mittelpunkt der Minderheit sowohl für Kinder als auch für die Erwachsenen – in der Schule und in der Freizeit“, sagt er. Als die Schule geschlossen wurde, war Thomas Voss bereits im Ruhestand, aber er hat die Aktivitäten der örtlichen Minderheit verfolgt, ein Versammlungshaus im Nachbarort Gelting einzurichten. „Das Versammlungshaus konnte und kann den Schulverlust nicht kompensieren. Die Eltern folgen ihren Kindern, also sind sie ohne Schule verschwunden. Jetzt sind nur noch die Alten in der Gegend“, klagt Thomas Voss.
11 Autominuten von der Eiche in Gulde entfernt liegt die Kaj Munk Skolen. Mit der Schließung der Schule in Gulde im Jahr 2006 übernahm die Kaj Munk Skolen in Kappeln den gesamten Schulbezirk von Gulde. „Ich glaube, wir haben momentan ein oder zwei einzelne Schüler aus der Region Gulde, aber lassen Sie mich einfach mal nachschauen“, sagt die Lehrerin Helga Larsen und setzt sich an den Schreibtisch. Sie hat eine besondere Beziehung zu dem Ort, weil auch sie Lehrerin an der Gulde Danske Skole war, als sie 2006 geschlossen werden musste.
„Ni .. Ti … Elf. Zwölf! Helga Larsen ruft hinter dem Computerbildschirm aus und ist offensichtlich überrascht. Von den derzeit 69 Schülern der Schule in Kappeln stammen 12 aus ihrem ehemaligen Schulbezirk, der als „dänischer Tod“ bezeichnet wird. „Es ist schön, aber obwohl es 12 Schüler aus Gulde gibt, denke ich, hätten wir weit mehr Minderheitenkinder in der Gegend, wenn die Schule in Gulde noch existieren würde“, sagt Helga Larsen.
Als die Schulen im Jahr 2006 zusammengelegt wurden, stieg die Schülerzahl in Kappel von 46 auf 89 Schüler an, aber die Zahl der Schüler ging in den Jahren nach der Fusion stetig zurück. Heute halten sich die Schülerzahlen wieder in der Waage.
Infolge der Verlegung nach Kappeln erkennt Thomas Voss keine der einstigen Aktivitäten der Minderheit im Nachbargebiet Gulde zehn Kilometer weiter im Landesinneren mehr. „Früher haben wir einen ganzen Bus gefüllt, als wir zur Jahrestagung fuhren. Jetzt sind wir nur eine Handvoll Menschen aus der Gegend“, erklärt er.
Er ist nicht der Meinung, dass es der Minderheit im Land im Allgemeinen gut geht. „Ich denke, die dänische Minderheit ist wirklich gut. Aber hier in Ostangeln tut es weh. Während der Zeit, als es noch die Schule hier gab, lebten etwa 50 dänische Familien in Gulde. Heute kenne ich noch zwei, die Angehörige der Minderheit sind“, seufzt Thomas Voss. Er versteht immer noch nicht die Entscheidung, die Schule zu schließen, und er zeigt sich noch unverständlicher in Bezug auf die aktuelle Debatte über die Schließung weiterer vier Schulen.
„Hov, da kommt Raffael, er ist aus Gulde“, sagt Helga Larsen und deutet auf einen Jungen, der so schnell über den Schulhof läuft, als wolle er die Schullocke einholen, da er sie wohl überhört hatte.
Der Lehrer zweifelt nicht daran, dass die Schließung der Schule in Gulde die Anzahl der Minderheitskinder in der Region beeinflusst hat, aber völlig tot ist es nicht. In der Schule in Kappeln gehen ja noch Kinder, die in Gulde leben. „Wenn Kinder die Schule wechseln, kommen ihre kleinen Geschwister oft danach zur gleichen Schule, um die zusammenzuhalten. Die Schwierigkeit besteht darin, neue Familien zu bekommen, ihre Kinder auf eine dänische Schule zu schicken, wenn diese nicht vor Ort sind. Aber wir haben jetzt dennoch 12 Kinder aus Gulde, also gibt es aus irgendeinem Grund immer noch Familien, denen das Volkstum wichtig erscheint , schließt der ehemalige Schullehrer.
von
Günter Schwarz – 06.11.2018