Am Vorabend des Sankt Martinstages wird in vielen dänischen Familien ein Gänsebraten gegessen, obwohl der Legende zufolge das Ereignis, auf das diese Tradition zurückgeht und die im Jahr 371 n. Chr. geschehen sein soll, mit Dänemark, abgesehen vom christlichen Glauben, gar nichts zu tun hat.

Der Martinstag wird am 11. November gefeiert. Dieser Tag ist seit Jahrhundeerten gespickt mit Bräuchen und Traditionen, die sich rund um den heiligen Sankt Martin drehen. Doch wer war eigentlich dieser Mann, dem wir Jahr für Jahr bunte Laternenumzüge und saftige Gänsebraten zu verdanken haben?
Martin von Tours lebte in der Zeit von 317 bis 397 nach Christus. Als Sohn eines römischen Offiziers war er überall im Land für seine Großzügigkeit bekannt und beliebt. Die am besten überlieferte Geschichte ereignete sich an einem Februarmorgen, als der 22-jährige Martin mit seinem Burschen von einem nächtlichen Ritt heimkehrte.

Es war ein harter Winter mit klirrendem Frost und ein heftiger Schneesturm blies den Reitern ins Gesicht. Am Stadttor stand ein zerlumpter Bettler, der vor Kälte zitternd kaum noch die Worte über die Lippen brachte: „Eine Gabe, guter Herr“. Da Martin kurz zuvor seinen ganzen Sold an arme Bauern verschenkt hatte, damit sie ihre Steuern zahlen konnten, nahm er einfach seinen weiten Mantel und halbierte ihn mit einem Schwertstreich. Die eine Hälfte warf er dem Bettler über die Schultern, damit dieser nicht mehr frieren musste.

Kurze Zeit später sollte Martin zum Nachfolger des verstorbenen Bischofs von Tours ernannt werden. Doch seine Bescheidenheit war so groß, dass er sich im Gänsestall versteckte: In der Dunkelheit suchten ihn die Menschen mit Laternen und einige stimmten Lieder an. Erst als die Gänse laut schnatterten und ihn so verrieten, entdeckte man ihn.

371 nach Christus wurde er Bischof von Tours. Das Andenken an ihn überdauerte die Jahrhunderte: Daraus entwickelte sich die Tradition in Dänemark zum Gedenken an Sankt Martin noch heute mit Liedern und Laternen, und man lädt anschließend zum Gänseessen ein.

Jeder kennt die Geschichte der Mantelteilung St. Martins oder hat zumindest einmal etwas darüber gehört: Hoch zu Roß gibt er dem Bettler zu seinen Füßen die Hälfte des Mantels ab. Aber diese Überlieferung ist sehr wahrscheinlich falsch, denn er saß gar nicht auf einem Pferd. Die Darstellung auf dem Pferd entspringt einer Vorstellung aus dem frühen Mittelalter. Ehrenwerte Personen kamen als Ritter. Wie der Name schon sagt, sind Ritter zu Roß unterwegs – und so erhielt auch St. Martin kurzerhand ein Pferd.

Außerdem galt sein Mantel als Eigentum des Militärs, weshalb manche Quellen sagen, dass er drei Tage Arrest über sich ergehen lassen musste, bevor er seinen Dienst als Offizier quittierte und sich zum Bischof von Tours weihen ließ. Als Bischof verbrachte weitere wundersame Taten, z. B. soll er Kranke geheilt und Totgeglaubte erweckt haben.

von

Günter Schwarz – 10.11.2018