Ungewissheit über neue Eheschließungsgesetz löst „Heirats-Boom“ auf Ærø aus
(Ærø) – Die dänische Regierung kündigte an, Scheinehen mit strengeren Eheschließungsvorschriften bekämpfen zu wollen. Diese Ankündigung sorgt jerzt für eine erhöhte Hektik im Ærø-Standesamt.
„Vielser, Trauungen, Weddings“ – steht auf dem Schild auf dem Weg zum Standesamt von Ærø, und es ist unmöglich zu übersehen, dass Menschen aus vielen verschiedenen Ländern auf der kleinen Insel im Süden von Fyn (Fünen) heiraten. Momentan ist das Standesamt der Insel jedoch besonders beschäftigt, denn täglich geben sich hier 15 bis 20 Paare das Ja-Wort.
Das ist darauf zurückzuführen, dass die dänische Regierung zusammen mit den Socialdemokraterne, der Enhedslisten, der Alternativet, der Radikal Venstre und der Socialistisk Folkeparti eine neue Kampagne gegen Scheinehen verabschiedet hat, die im kommenden April in Kraft treten wird.
Diese Unsicherheit über das neue Eheschließungsgesetz Dänemarks löst geradezu einen Heirats-Boom in den grenznahen Kommunen zu Deutschland aus, die Eheschließungen zwischen Paaren unterschiedlicher Nationalitäten bislang wesentlich einfacher ermöglichen, als es beispielsweise in Deutschland gehandhabt wird. Derzeit ist noch ungewiss, wie sich die neuen Vorschriften er Gesetzgebung auf die Möglichkeiten der internationalen Heiratswilligen auswirken werden, die in Dänemark erlassen werden. Daher haben sich viele Paare entschlossen, einander noch vor dem April 2019 das Ja-Wort zu geben.
„Es gibt täglich viele Anfragen, sowohl per Telefon als auch per Post. Wir haben eine große Nachfrage von Menschen, die in diesem Jahr noch einen Termin haben wollen, aber auch von Menschen, die Angst haben, dass sie keinen Termin mehr bekommen können, sobald sich die Eheschließungsvorschriften geändert haben werden“, sagt Tina Eriksen, die Standesbeamtin auf Ærø.
Dieselbe Erfahrung macht auch Ærøs älteste Hochzeitsagentur, „Danish Island Weddings“. Jeden Tag erhält die Agentur Anrufe von ausländischen Paaren, die mehr über die anstehenden Vorschriften erfahren möchten. Die Agentur kann jedoch bisland keine klare Antworten geben, da ihr Details darüber nicht vorliegen, erklärt Geschäftsführerin Louise Badino Moloney. „Unsere Kunden sind sehr überrascht, dass wir ihnen noch nicht mitteilen können, welche Dokumente sie dann vorlegen sollten, um im nächsten Jahr hier die Ehe eingehen zu können“, sagt sie.
Aber auch wenn sich ausländische Paare stattdessen an die Gemeinde und an das Standesamt wenden, lautet die Antwort: „Wir wissen es nicht.“ So sagt die Standesbeamtin Tina Eriksen: „Eigentlich bitten wir die Heiratswilligen, etwas später anzurufen, da auch wir auf klare Informationen von Regierungsseite warten, die wir den Paaren geben können. Wir hätten diese Informationen wirklich gerne, aber bis jetzt warten wir auch darauf voller Spannung.“
Von den Eheschließungen profitieren nach der derzeit noch geltenden Regelung vornehmlich die Kommunen. Eine Eheschließung auf Ærø kostet zum Beispiel momentan 850 Kronen (113,95 Euro). Dieser Betrag deckt die Kosten der Kommune für die Bearbeitung der zur Eheschließung nötigen Dokumente und die Trauungszeremonie. Bisher kommt das Geld aussschließlich der Kommune zugute. Ab dem Jahreswechsel wird dieser Betrag dann umgeschichtet, und die Eheschließung kostet stattdessen 1.618 Kronen (216,94 Euro).
Statt zukünftig in der „Gemeindeschatulle“ zu verbleiben, wird das Geld nach dem beschlossenen bevorstehenden Haushaltsgesetz aus dem Kasten der Kommunen genommen und ab dem 01. April nächsten Jahres in den Staatshaushalt fließen, da der Staat die bisherige Aufgabe der Gemeinde von Ærø übernimmt, um potenzielle Scheinehen zu verhindern. Daher muss die Gemeinde Ærø in Zukunft die Kosten vieler Hochzeiten selbst tragen und aus eigener Taschen zahlen. Bürgermeister Ole Wej Petersen (Socialdemokraterne) sichert jedoch zu, dass die Gemeinde die Hochzeitsagenturen weiterhin zu unterstützen gedenkt. „Wir haben den Willen, unseren privaten Dienstleistern hier zu helfen“, sagt der Bürgermeister.
Aber wie die Regeln von Eheschließungen im neuen Jahr im Einzelnen aussehen werden, ist noch vollkommen unbekannt. Für ausländische Paare, die vor dem 20. Dezember eine Hochzeit buchen, die nächstes Jahr vor dem 27. April stattfinden wird, gelten die derzeit gültigen Vorschriften. Aber wie es danach sein wird, ist völlig unklar und bereitet der Geschäftsführerin von „Danish Island Weddings“, Louise Badino Moloney, noch einiges Kopfzerbrechen. „Natürlich ist es wirklich problematisch für ein kleines Unternehmen, das versucht, sein Bestes zu geben, wenn wir nicht wissen, mit welchen Regeln wir zu tun haben werden. Wir machen uns wirklich Sorgen, was uns im nächsten Jahr erwartet“, sagt sie.
Für die Standesbeamtin Tina Eriksen ist die Ungewissheit, was die bevorstehenden Regeln mit sich bringen, der ausschlaggebende Grund für den derzeitigen Boom im Standesamt. „Viele sind jetzt wirklich nervös und denken, lieber jetzt als später zu heiraten, weil sie hier noch so leicht heiraten können wie kaum anderswo in Europa“, sagt sie.
Geschätzt wird, dass die Eheschließungen auf der Insel Ærø, der Gemeinde etwa 30 Mio. Kronen (4 Mio. Euro) pro Jahr einbringen.

Günter Schwarz – 02.12.2018