„Stille Nacht, Heilige Nacht“ ist wohl das weltweit bekannteste Weihnachtslied. Das beliebte Weihnachtslied „Stille Nacht, heilige Nacht“ wurde zur Christmette am Heiligen Abend des Jahres 1818 erstmals öffentlich gesungen – in der Schifferkirche St. Nikola im österreichischen Oberndorf. Über 2 Milliarden Menschen singen das Lied am heutigen Heiligabend in mehr als 300 Sprachen und Dialekten.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Schifferkirche St. Nikola, in der „Stille Nacht“ 1818 erstmals gesungen wurde, mehrmals vom Hochwasser der Salzach beschädigt. Dies trat nach den Begradigungen der Salzach 1851–1873, die Karl Schwarz im Bereich des Salzburger Stadtgebietes durchführen hatte lassen, verstärkt auf. Insbesondere wurde 1899 der Ortsteil Altach vom Hochwasser zerstört. Dies führte zu dem Entschluss, den ganzen Ort Oberndorf inklusive der Pfarrkirche St. Nikolaus ca. 800 m flussaufwärts neu zu errichten. Die St. Nikola Kirche, deren ältesten Teile auf das 12. Jahrhundert zurückgingen, wurde anschließend demontiert, wobei Einrichtungsgegenstände in die neue Kirche, der heutigen Pfarrkapelle Oberndorf, übernommen wurden, jedoch nicht die Orgel, die Franz Xaver Gruber noch konzeptioniert hatte.


Die Stille Nacht Kapelle in Oberndorf, die heute die St. Nikola Kirche aus dem Jahr 1818 ersetzt, da diese aus Hochwassergründen aufgegeben werden musste.
Von einer Renovierung der durch das Hochwasser beschädigten St.-Nikola-Kirche wurde aus zwei Gründen abgesehen: Zum einen scheute man die Kosten und das weiterhin drohende Risiko von Überschwemmungen, und zum anderen wollte man die Kirchengemeinde zur Annahme der 1906 errichteten, weniger attraktiven Kirche im neuen Ortszentrum bewegen. So wurde die alte Pfarrkirche abgerissen, an die seit 1913 nur noch ein Schuttkegel an den historischen Entstehungsort des inzwischen weltweit bekannten Weihnachtsliedes erinnerte.

Gedichtet wurde „Stille Nacht“ 1816 vom Hilfspfarrer Joseph Mohr (1792–1848) in Mariapfarr. Als er zwei Jahre später nach Oberndorf versetzt wurde, bat er den dortigen Dorfschullehrer und Organisten Franz Xaver Gruber (1787–1863), eine Melodie für das Gedicht zu schreiben, um es in der Christmette zu singen, da die Orgel der Kirche kaputt war und nicht mehr gespielt werden konnte.

Die Originalversion des Liedes umfasste 6 Strophen, von denen i. d. R. Aber nur noch drei, die erste, die zweite und die letzte Strophe gesungen weden. Hier sind noch einmal alle 6 Strophen aus der ursprünglichen Version von 1818 gesungen von der „Stille-Nacht-Gemeinde“ Mariapfarr im Lungau.

Die Melodie des Weihnachtsliedes „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ entstand somit am Tag des Heiliigabends im Jahre 1818 in einer schweren Zeit: Die Leiden der Menschen, verursacht durch die Folgen des Napoleonischen Kriege und die Missernten nach dem „Jahr ohne Sommer“, waren schlimm.

Doch es kam für sie noch dicker: Die Menschen in der bayerischen Stadt Laufen, zu der auch Oberndorf gehörte, wurden von weiteren Schicksalsschlägen heimgesucht. Denn die Stadt wurde von den Großmächten getrennt und mittendurch in der Flussmitte der Salzach verlief plötzlich die Staatsgrenze zwischen dem Kaiserreich Österreich und dem Königreich Bayern. Familien wurden getrennt, und das österreichische Oberndorf hatte sich eine neue Infrastruktur als politische Gemeinde und als Pfarrgemeinde aufzubauen. Pfarrvikar Joseph Mohr kam in ein Dorf, das vom Leid geprüft war.

Der leutselige neue Vikar Joseph Mohr wurde sogleich gut aufgenommen. Er schloss bald Freundschaft mit dem Lehrer und Organisten der Kirche St. Nikola, Franz Xaver Gruber, der seinen Dienst hier und im benachbarten Arnsdorf tat, wo er auch Dorfschullehrer war. Sodann passierte zu Weihnachten ein weiteres Missgeschick: Die Orgel der Kirche war nicht bespielbar. Die beiden beherzten Männer waren sich einig, dass sie den armen Schiffern trotzdem ein schönes Weihnachtsfest bescheren wollten.

Vikar Joseph Mohr erinnerte sich, dass er zwei Jahre zuvor in seiner Pfarrprovisorenstelle in Mariapfarr ein Gedicht geschrieben hatte, und Franz Xaver Gruber komponierte dazu innerhalb weniger Stunden eine einfache aber passende Melodie. Und so erklang „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ am Heiligen Abend in der Kirche von St. Nikola in Oberndorf erstmals. Kein anderes Weihnachtslied berührt die Menschen noch heute so sehr wie dieses. Es entstand aus der Not heraus und bringt den Menschen dennoch Hoffnung und Frieden.

Der Text wurde bisher in rund 300 Sprachen und Dialekte übersetzt, was ein Indiz dafür ist, „dass das Lied überall funktioniert“. „Stille Nacht“ ist gewissermaßen eine „übergeordnete Marke“. Selbstverständlich wird „Stille Nacht“ auch in Dänischer Sprache unter dem Titel „Glade Jul“ gesungen.

Am 6. Februar 1850 schrieb Hans Agerbek den Text „Uforsagt, vær paa vagt“ zu Gruber’s Melodie von „Stille Nacht“. Diese Hymne wird jedoch heute mit der Melodie „Klokken slår, Tiden gå“ verwendet und hat im dänischen Hymnenbuch die Nr. 275. Am 8. Dezember, im selben Jahr, schrieb B.S. Ingemann (28. Mai 1789 – 24. Februar 1882) den Text der dänischen Version des Liedes „Glade jul, dejlige jul“, das im Dänischen Gesangsbuch die Nr. 120 trägt.

von

Günter Schwarz – 17.12.2018