So vermeidet man „Weihnachtskonflikte“ in der Familie
Weil mit Weihnachten so viele Traditionen und Erwartungen verbunden sind, kommt es häufig auch in ansonsten gut funktionierenden Familien zu Weihnachtskonflikten, die sich vorab bei der Vorbereitung einer familiären Wehnschtsfeier durchaus vermeiden ließen.
In den Tagen um Weihnachten gibt es viele Erwartungen, Traditionen und Gefühle. Und selbst in gut funktionierenden Familien endet die Feier am Weihnachtsabend leicht mit kleinen Streitereien und gar größeren Konflikten.
„Denn am Weihnachtsabend erwarten wir den Weihnachtsglanz der perfekten Familie“, erklärt die Familienpsychologin Camilla Carlsen Bechsgaard. Aber wie bei der Begegnung mit dem Weihnachtsmann kann es bei dem Zusammentreffen mit Familienmitgliedern ebenfalls zu Problemen führen – auch zu Weihnachten. „Weihnachten ist zu einem Bild geworden, wie man das Familienleben nahezu perfekt gestaltet, und geht etwas am Weihnachtsabend schief, kann ein Fiasko daraus entstehen“, sagt sie.
Konflikte können unter anderem auch dadurch entstehen, dass man mehrere Familienrollen inne hat und Bedürfnisse seiner Eltern, Geschwister, Ehepartner und Kinder zu berücksichtigen hat „Mutter und Erwachsene in der eigenen kleinen Kernfamilie zu sein, ist etwas anderes als ein Kind und Schwester in der alten Herkunftsfamilie. Und die Mutter möchte allen anderen zeigen, dass sie sowohl ein gute Tochter ist als auch Elternteil und die Kontrolle über ihre Kinder hat“, sagt Camilla Carlsen Bechsgaard.
Sprechen sie deshalb über Konflikte innerhalb der Familie im Voraus und nicht erst an Heiligabend.
Drücken sie gegeüber ihrer Familie vorab ihre wichtigsten Bedürfnisse aus, denn die anderen Weihnachtsgäste können sie nicht immer erraten. Passen sie das Programm der Weihnachtsfeier so an, dass jeder daran teilnehmen kann.
Deshalb ist ihr Ratschlag Nummer eins, dass sie an Heiligabend möglichst wenig Stress haben. Schlafen sie und essen sie vorher ordentlich, und stellen sie sicher, dass Kinder und ältere Kinder dieses auch getan haben. „Es ist also kein grundlegendes biologisches Defizit, das die Stimmung bricht“, sagt Camilla Carlsen Bechsgaard und weist darauf hin, dass Streitigkeiten normalerweise auftreten, wenn sich jemand in einem Defizit befindet.
Es geht auch darum, Konflikte vor Heiligabend auszusprechen, sagt der Familienpsychologe Michael Ulrich. Denn wenn es im Laufe des Jahres Probleme gab, sind sie auch am Weihnachtsabend noch vorhanden und werden keineswegs vergessen. „Da neigen vielleicht viele zu der Annahme, dass es wahrscheinlich Heiligabend sein wird, der einen wieder zusammenbringt. Aber man kann nicht den schönsten Weihnachtsabend der Welt erwarten, wenn man alles Mögliche hat, was irgendwo in den Ecken rumpelt“, sagt er.
Beide Psychologen ermutigen auch dazu, die eigenen Erwartungen vor Weihnachten mit den anderen Gästen abzustimmen. „Hierbei hat jeder die Verantwortung, sich zu äußern, was für ihn oder sie wichtig ist, denn es ist nicht sicher, dass die anderen es zu schätzen wissen“, sagt Michael Ulrich.
„Und wenn Sie mit einem 3-jährigen und einem 73-jährigen, der müde und gereizt ist, Weihnachten feiern, müssen Sie möglicherweise früher mit dem Abendessen oder der Bescherung beginnen“, sagt Camilla Carlsen Bechsgaard.
Alles in allem geht es darum, realistisch zu sein und sich nicht zu viel zuzumuten, meint Michael Ulrich. Es ist ein intensives Aufeinandertreffen, wenn beispielsweise Scheidungskinder, neue Liebende und entfernte Verwandte plötzlich viel Zeit auf relativ engen Raum miteinander verbringen. Dann sollte man schon überlegen, ob es unbedingt an allen drei Weihnachtstagen sein muss oder ob es auch nur ein gemütlicher Heiliger Abend sein kann.
„Man kann die Kritik an Erziehung, Kochen und Haushalt am Weihnachtsabend auch vorteilhaft vorbringen. Man kennt die guten und schlechten Gewohnheiten in der Familie sowieso schon im Voraus und umgekehrt kennt die Familie einen selbst“, sagt Camilla Carlsen Bechsgaard. „Es gab also im restlichen Jahr 364 Tage, um die Dinge zu sagen, also muss die Kritik nicht unbedingt an Heiligabend geäußert werden“, sagt sie.
Beide Psychologen fordern auch, weniger Alkohol auf den Tisch zu stellen. „Oft ist es der Alkohol, der dazu führt, dass etwas schief geht. Man wird schneller müde, emotionaler, gereizter und verliert die Selbstkontrolle, wenn man ein paar Gläser über den Durst getrunken hat“, sagt Camilla Carlsen Bechsgaard.
von
Günter Schwarz – 24.12.2018