EU hält an Sklavenarbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer fest
(Brüssel) – Der Transportausschuss des Europäischen Parlaments stimmt nicht zu, um sklavenähnliche Arbeits- und Unterkunftsbedingungen für ausländische Lkw-Fahrer zu verbessern, wie sie kürzlich in Dänemark bei der Spedition Kurt Beier in Padborg publik wurden und in der Öffentlichkeit ein großes Aufsehen erregte und für Unmut gegen Ausbeutung von Arbeitnehmern führte.
Henning Hyllested. Abgeordneter der Enhedslisten (Einheitsliste) im dänischen Parlament aus Esbjerg, ist sichtlich sauer, als er sagt, der Transportausschuss des Europäischen Parlaments habe am Donnerstag einen Vorschlag zur Einstellung der Piraterie und des Sozialdumpings für ausländische Fahrer in Dänemark abgelehnt, und sie müssen weiterhin unter sklavenähnlichen Bedingungen in z. B. Padborg und auch bei einigen deutschen Spediteuren leben und arbeiten.
„Der EU-Verkehrsausschuss stellt hiermit sicher, dass ausländische Fahrer weiterhin als Sklaven leben und auf dem Straßennetz Europas für lächerliche Gehälter fahren müssen“, sagt Henning Hyllested. In seiner Wortwahl klingt er ziemlich enttäuscht, indem er meint, eine Mehrheit im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments habe am Donnerstag gegen das sogenannte Straßenpaket gestimmt.
Im Oktober gab das Fachblatt „3F“ bekannt, dass bis zu 200 philippinische Fahrer in einem miserablen und unhygienischen Zustand in einem Lager der Spedition Kurt Beier in Padborg lebten und arbeiteten. (SH-UgeAvisen berichtete.) Die Unterkunft lag hinter einem Stacheldrahtzaun auf dem Gelände des Esbjergers Spediteurs Kurt Beier in Padborg, wo die Fahrer lebten und sich ihr Essen im Freien zubereiten mussten und wo sie sich vier Toiletten teilten. Von dieser „Unterkunft“ hat Kurt Beier die von der Spedotion benötigten Fahrer angeblich für einen Stundensatz auf 15 Kronen (2 Euro) eingestellt.
Mit dieser Art von Arbeitsbedingungen hatte sich derVerkehrsausschusses im Europäischen Parlament zu befassen. Am gestrigen Donnerstag lehnte eine Mehrheit im Ausschuss während einer dramatischen Abstimmung eine Änderung und damit Verbesserung der Situation der versklavten Lkw-Fahrer ab, schreibt die Gewerkschaftszeitung „3F“. Laut der Zeitschrift stimmten vor allem osteuropäische Mitglieder aus der Konservativen Volkspartei (EVP), zu der sich auch die „christlichen Parteien“ der deutschen CDU und CSU sowie der mitregierenden dänischen Det Konservative Folkeparti zählen, mit NEIN.
Der Ausschuss stimmte den neuen Vorschriften über den Kabotageverkehr (Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen) zu, so dass sich die Fahrer beispielsweise in der Zukunft eine begrenzte Zeit außerhalb eines Landes aufhalten müssen – für Dänemark sind es fünf Tage, bevor sie wieder einreisen können. Dieser Teil der Vorschrift wird jedoch kaum Realität werden, da der Ausschuss die beiden anderen Teile, die sich mit der Überwachung gegen Unterbezahlung und Ausnutzung befassen, nämlich die Vorschläge für neue Lenk- / Ruhezeitregeln und neue Entsenderegeln, abgelehnt hat.
Letzteres, die Lenk- / Ruhezeitregeln und neue Entsenderegeln, sollte beispielsweise die Personalausbeutung einschränken – wie z. B. 15 Kronen pro Stunde für Kraftfahrer in Dänemark, weil die Fahrer nach den neuen Regeln des Gehaltsniveaus bezahlt werden müssen, die in dem Land gelten, in dem sie fahren, und nicht nach den Löhnen in dem Land, aus dem sie kommen.
Nicht nur Henning Hyllested schüttelt den Kopf über die Ablehnung des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments. Jens Rohde, Abgeordneter des Europäischen Parlaments für die linksliberale Partei Radikale Venstre und Mitglied des Verkehrsausschusses des Parlaments, ist sprachlos.„Es ist total absurd! Das bringt das EU-Parlament setzt in ein geradezu lächerliches Licht“, sagt er zu „3F“.
Der sozialdemokratische EU-Politiker Ole Christensen bezeichnet es als die unprofessionellste Arbeit, die er je gesehen hat, und Rina Ronja Kari von der rot-grünen Enhedslisten (Einheitsliste) ist angesichts der Abstimmung im Verkehrsausschuss zutiefst deprimiert. „Es ist ziemlich verrückt, dass wir in Padborg Skandale mit ausgebeuteten Filipinos und viele andere Fälle haben, und dann können wir ihnen keine Lösung bieten“, sagt sie zu „3F“.
EU-Politiker, für die Menschen, die innerhalb der EU leben und arbeiten, noch nicht ganz egal sind, wie es in konservativen und „christlich“ geprägten Kreisen der Fall zu sein scheint, fragen sich jetzt, wie es weitergehen soll, denn die Zeit ist kurz. Bis Mai werden die Neuwahlen zum Europäischen Parlament stattfinden, und wenn das Straßenpaket nicht zuvor angenommen wird, muss die Europäische Kommission den Prozess mit einem neuen Gesetzesvorschlag erneut ganz neu und von vorn starten.
Rina Ronja Kari ist keine Optimistin. Sie glaubt nicht, dass es in dieser Zeit der EU gelingen wird, das Sozialdumping im europäischen Straßennetz einzudämmen: „Ich vermute, dass vor der Wahl nichts mehr passiert. Und dann besteht für eine lange Zeit keine Aussicht, dass ein neues Straßenpaket angenommen wird“, sagt sie dem Fachblatt „3F“.
Regelstandort bedeutet der Ort, von wo aus die Lkw-Fahrer ihre Fahrt starten, und dann kann es irgendwo hingehen. Es ist gelinde gesagt eine Katastrophe!
von
Günter Schwarz 10.01.2019