kultur.INsite im Buchladen
In der vergangenen Woche konnten wir wieder ein bestelltes Buch abholen und dabei die Buchhändlerin zu einer Tasse Kaffee überreden. Buchhändler gehören nicht unbedingt zu den extrovertiertesten Spezies, was uns auch die 34jährige Katharina aus dem Buchladen verriet. In der Schule sei sie stets das „merkwürdige stille Mädchen mit den Büchern“ gewesen, verrät sie. Auch heute noch fühle sie sich nach Feierabend mit einer Tasse Tee und einem Buch am wohlsten.
Die Mischung der Buchkunden sei sehr ausgewogen, verrät sie. Ihr sei jedoch aufgefallen, dass deutlich mehr Frauen im alter zwischen 25 und 35 Jahren Bücher kauften als Männer gleichen Alters. Ausnahmen würden ihr sonst nicht auffallen. Junge Leser ließen sich durch empfohlene Schulliteratur in Buchhandlungen treiben oder wie in dem Fall von Harry Potter und der zeitlich versetzten Veröffentlichung der einzelnen Teile auch in Scharen. Solche Events seien selten, bedauert Kathi. Die meisten Veröffentlichungen geschähen vollkommen unbemerkt. Nur selten erscheint ein Buch, auf welches Fans warten. Am 10. März 2017 war so ein Tag, als der Roman „Origin“ von Dan Brown auf den Regalen erschien und weltweit die Fans des Protagonisten Robert Langdon in die Buchhandlungen trieb. Zwar habe es keine Schlangen oder kein Gedränge gegeben wie bei den Erscheinungsterminen der Harry Potter Bücher; man habe aber schon gemerkt, wer dort in gespannter Erwartung seinen neuen Roman abgeholt hat. Solche Termine und auch Kunden seien sehr sympathisch weil sie ein wenig von der Begeisterung transportieren, die man dem Lesen tatsächlich abgewinnen kann.
„Neue Medien“ findet Kathi unproblematisch. Ob man nun ein Buch auf Papier kauft, oder sich der unterschiedlichen Lesegeräte bedient, sei letztlich egal. Schließlich ginge es darum, ein Buch zu lesen. Ob man dazu dann die Seiten umblättert, oder per Finger zur Seite wischt, sei vollkommen egal. Papierausgaben und „eBooks“ seien vom Inhalt vollkommen identisch und unterscheiden sich auch im Preis kaum voneinander.
Trends und Veränderungen spiegelten sich auch auf dem Buchmarkt wider. Einmal habe Kathi mit einer empörten Mutter diskutiert, die sich darüber erboste, dass „Die Abenteuer von Tom Sawyer“ noch als Kinder- und Jugendbuch gälte, obwohl in dem Buch doch mehrfach von „Negern“ gesprochen würde, die sogar noch in der Sklaverei lebten. Solche Leute könne Kathi nicht verstehen, gibt sie zu.
Die Bücher seien natürlich im Geiste ihrer Zeit geschrieben und hatten in ihrem Kontext weder einen rassistischen noch diskriminierenden Zweck. Es gäbe ganz andere Bücher, über die man nachdenken könnte. das seinerzeit von Jugendsendern hochgelobte Buch „Feuchtgebiete“ von Charlotte Roche, zum Beispiel… als stilistisch schlechte Aneinanderreihung von Obzönitäten und Scheußlichkeiten. Oder die Menschenverachtenden Gewaltphantasien eines Alphonse François de Sade, wie auch die von HBO erfolgreich verfilmte Buchserie von J.R.R. Martin, „Das Lied von Eis und Feuer“, (A Game of Thrones). Eine Romanreihe, die weder an Gewalt, pädosexuellen Fantasien noch sexualisierter Gewalt spart. Wer solche Machwerke toleriert aber einen Mark Twain oder Astrid Lindgren aus den Buchhandlungen vertreiben möchte, könne nicht ernst genommen werden.
Die sozialen Medien kathalysieren solche Trends, bedauert Kathi. Auch ihr sei schon aufgefallen, dass man in den sozialen Medien sehr genau überlegen sollte, was man sagt. Schnell hätten sich Leute gefunden, die eine dumme Äußerung direkt an deinen Arbeitgeber weiterleiten. Im schlimmsten Fall verlöre man dann seinen Job: für eine „dumme Äußerung“, die vielleicht in einem emotionalen Moment getätigt wurde. Gesellschaftlich liefe da schon einiges im Argen, und es bliebe zu wünschen, dass die Menschen nicht nur mehr läsen, sondern das Gelesene auch verstünden.
Historische Bücher belegen, dass es solche Trends schon einmal gegeben hat und etwas später erschienene Bücher warnen uns vor einer solchen Entwicklung. Hätte man diese Bücher nun gelesen und verstanden, wüsste man, wohin es führt. Dies sei der Grund, warum Kathi ihre Feierabende viel lieber mit ihren Büchern verbringt, als mit anderen Menschen. Eine Einstellung, die wohl viele unserer introvertierten Leser nachvollziehen können.
Auch wir legen uns nun wieder auf die Couch. Wir haben noch das Buch zu lesen, welches wir in der letzten Woche bei Kathi gekauft haben.