Was geschah am 20. April 1908 in unserem Dänemark?
Dänische Frauen erhalten am 20. April 1908 das Wahlrecht für Kommunalwahlen. Zum ersten Mal können sie es bei den Kommunalwahlen am 12. März 1909 ausüben.
Die am 29. Juni 1865 in Følle geborene Frauenrechtlerin Olga Knudsen, die eine Venstre-Politikerin wurde, trat entschieden für das Frauenwahlrecht in Dänemark ein und erzielte ihren ersten Erfolg damit, dass das Frauenwahlrecht bei den Kommunalwahlen im Königreich am 20. April 1908 eingeführt wurde.
Olga wurde vier Jahre nach dem Bruder Ivar geboren, der mit den Eltern Jens Elsbert Knudsen (1826–1901) und Julie Vilhelmine Ronberg (1828–1888) Lebensmittelgeschäfte in Følle und Rønde gründete. Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahre 1888 war ihre Unterstützung zu Hause erforderlich.
Ihre beiden Brüder hatten zu dieser Zeit eine akademische Ausbildung abgeschlossen. Ivar Knudsen hatte ein großes mechanisches Talent, wurde Ingenieur und später Direktor der Burmeister & Wain Werft. Der zweite Bruder Morten Knudsen wurde Stabsarzt in der Armee, und durch seine Heirat mit der Krankenschwester Thora Knudsen kam Olga in Kontakt mit Problemen von Frauen im Berufsleben.
Später zogen Vater und Tochter nach Vejle, woher die Familie ursprünglich stammte. Erst als 36-Jährige hatte Olga Knudsen nach dem Tod ihres Vaters die Möglichkeit, ihren eigenen Lebensweg zu wählen. Sie wurde an der Teknisk Skole in Vejle im Zeichnen ausgebildet und begann 1902 als Lehrerin für Geographie und Zeichnen an der Vejle Døtreskole. Hier war sie bis 1930 angestellt, aber ihr pädagogisches Interesse wurde bald durch ihr politisches und weibliches Engagement überschattet.
Im Jahre 1905 gründete Olga Knudsen den Frauenverein Vejle, eine der ersten Frauen in Dänemark. 1907 gründete sie mit Elna Munch die Landesliga für Frauenrechte (LKV).
1908 bis 1917 saß sie im Vorstand der Vejler Armenkasse. 1909, als erstmals Frauen zur Kommunalwahl zugelassen waren, wurde sie für die damals noch sozialdemokratische Partei Venstre auf einer Bürgerliste in die Stadtversammlung von Vejle gewählt. Sie war auch Mitglied im Rat der Kirchengemeinde „Vor Frelsers Søgn“ (Erlösergemeinde) von 1917 bis 1926.
Eine von ihr mitinitiierte Verfassungsänderung von 1915 trat im April 1918 in Kraft und verlieh Frauen, Dienerinnen und Armen dann auch ein Stimmrecht und die Wahlberechtigung für die Wahlen zum Folketing und zum Landsting, die bis 1953 das Zweikammersystem zum Rigsdag (Reichstag) bildeten.
Olga Knudsen wurde
bei der ersten Parlamentswahl mit Frauenstimmrecht 1918 Abgeordnete
in der ersten Parlamentskammer, im Landsting. Die arbeitete vor allem
mit sozialen, Gesundheits- und kommunalpolitischen Fragen. 1928
musste sie einem männlichen
Parteikollegen weichen. Knudsen war auch in verschiedenen
Vorstandspositionen tätig, zum Beispiel als Vorsitzende des
Kinderheims Mølholm
Børnehjem
in Vejle bis 1935.
Erst als 80-Jährige zog sie sich aus der
aktiven Politik zurück und verstarb zwei Jahre später am 26.
September 1947 in Vejle.
von
Günter Schwarz – 20.04.2019