Aus der Königlichen Kunstkammer im dänischen Christiansborg werden am 04. Mai 1802 die Goldhörener von Gallehus gestohlen. Ein knappes Jahr später gesteht der Goldschmied und Uhrmacher Niels Heidenreich die Tat. Er hat beide Stücke eingeschmolzen.

Die Goldhörner von Gallehus waren zwei aus Gold gefertigte Trink- oder Blashörner, die 1639 bzw. 1734 in Gallehus nördlich von Møgeltønder (Mögeltondern) in Sønderjylland (Südjütland) gefunden wurden. Sie werden in die Zeit um 400 n. Chr., in der germanischen Eisenzeit, datiert und gehören zu den berühmtesten archäologischen Funden Dänemarks. Auf ihnen befand sich eine frühe Runeinschrift in nordwestgermanischer Sprache.

Die Hörner erlangten wegen der rätselhaften Bildmotive und der für die germanischen Sprachwissenschaft wertvollen Runeninschrift auf dem kürzeren Horn große Bekanntheit. Im Jahr 1802 wurden die Hörner von dem Goldschmied Niels Heidenreich gestohlen und eingeschmolzen.

Sie sind heute nur durch Zeichnungen (Stiche) und Beschreibungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert bekannt. Bereits kurz nach dem Diebstahl entstanden Nachbildungen der Hörner, allerdings nicht aus Massivgold wie die Originale, sondern aus vergoldetem Silber. Diese Kopien wurden im September 2007 aus dem Nationalmuseum in Jelling nordwestlich von Vejle ebenfalls entwendet, zwei Tage nach dem Diebstahl aber wiedergefunden.

Das längere Horn wurde am 20. Juli 1639 zufällig von einer Frau namens Kristine Svendsdatter in Gallehus bei Møgeltønder entdeckt. Später schenkte Kong Christian IV.. es seinem Sohn Christian. Es wurde restauriert und gelangte in die königliche Kunstkammer. Die wichtigste Beschreibung des längeren Horns liefert der universalgelehrte Altertumsforscher Olaus Wormius 1641 in einer Abhandlung mit dem Titel „De aureo cornu“, die auch einen Kupferstich von Simon des Pas beinhaltet. Das Horn maß ca. 52 cm in der Länge, ca. 71 cm dem Unterlauf entlang, hatte einen Durchmesser von ca. 10 cm bei der Öffnung und wog ca. 3,1 kg.

Das kürzere Horn fand der Bauer Erik Lassen am 21. April 1734 in der unmittelbaren Nähe des ersten Fundortes. Die Forschung stützt sich hier auf den Bericht des Archivars Joachim Richard Paulli von 1734. Die genauen Maße des kurzen Horns sind unbekannt, man weiß aber, dass es mit ca. 3,7 kg mehr gewogen hat als sein längeres Pendant. Das zweite, kurze Horn trägt die im älteren Futhark verfasste längere Runeninschrift. (Anmerkung: Als Futhark oder Fuþark bezeichnet man die gemeingermanische Runenreihe und die aus ihr hervorgegangenen Variationen.)

Beide Goldobjekte sind aus einem inneren Horn und mehreren darübergestülpten, mit Tier- und Menschenfiguren verzierten Ringen gefertigt. Nur die äußeren Ringe hatten einen hohen Goldgehalt.

Worms Bericht verrät zudem, dass das lange Horn zu seiner Zeit bereits restauriert war.

Die Goldhörner sind mit gepunzten und plastisch ausgearbeiteten Bildmotiven ausgestattet. Es finden sich Tier-, Menschen- und Sternfiguren, von denen einige auf beiden Hörnern abgebildet sind. Manche Motive sind aus dem Mittelmeerraum entlehnt.

Die rätselhaften Abbildungen haben eine große Zahl an allesamt unsicheren Deutungen hervorgerufen. Viele Forscher versuchten eine Verbindung zur nordischen Mythologie herzustellen und verschiedene menschliche Figuren auf den Hörnern als Tyr, Odin, Thor, rsp. Freyr zu identifizieren. Andere wollten die Ursprünge der Bildmotive auf die byzantinische Welt beziehen (Lars-Ivar Ringbom), auf dem langen Horn eine Kryptische Runeninschrift entdecken (Willy Hartner), oder in der Ornamentik eine raffinierte Zahlensymbolik, die um die Zahl 13, die Fibonacci-Folge und den Goldenen Schnitt kreist, beobachten (Heinz Klingenberg). Die Interpretationen werden zusätzlich durch die ungewisse Genauigkeit der zur Verfügung stehenden Abbildungen und Beschreibungen erschwert.

Die Runeninschrift in nord- oder westgermanischer Sprache befand sich auf dem kürzeren der zwei Hörner. Von den 32 Runenzeichen sind die ersten 26 schraffiert, die restlichen einfach angebracht. An drei Stellen finden sich Worttrenner, die aus vier übereinandergesetzten Punkten bestehen.

von

Günter Schwarz – 04.05.2019