Mette Frederiksen – Statsministerin ohne Regierungsmehrheit
(København) – Die ehemalige sozialdemokratische Regierung Dänemark unter der Statsministerin Helle Thorning-Schmidt wurde am 29. Juni 2015 von dem konservativen Venstre-Politiker Lars Løkke Rasmussen abglöst, weil die Regierungsbasis den Socialdemokraterne wegen Wortbruchs nicht folgte. Diesmal soll es anders werden.
Mette
Frederiksen beabsichtigt nicht, eine neue Regierungsbasis für ihre
zukünftige sozialdemokratische Minderheitsregierung zu schaffen.
Am
Mittwochabend hielt sie eine Pressekonferenz, nachdem ihre Partei
zusammen mit den Radikal Venstre, Socialistisk Folkeparti und der
Enhedslisten (Einheitsliste) am späten Dienstagabend eine politische
Einigung über eine neue politische Richtung für die kommende
sozialdemokratische Regierung erzielt hatte.
„Dieses ist
keine Regierungsbasis und es gibt auch keine. Ich werde die Ideen der
Regierung und die Arbeit vorstellen, für die wir uns einsetzen
werden. Es ist eine politische Übereinkunft zwischen den vier
Parteien, und das ist die Grundlage für die Regierungsbildung“,
sagt Mette Frederiksen.
Es
gibt ansonsten die Tradition, dass neue Regierungen eine
Regierungsbasis präsentieren, die klar angibt, was die zukünftige
Regierung in den kommenden Jahren der Legislaturperiode tun wird.
Mette Frederiksens Vorgänger, Lars Løkke Rasmussens konservative
Venstre-Regierung präsentierte eine und auch Helle Thorning-Schmidt
hatte eine, als sie 2011 eine Regierung führte, die aus den
Socialdemokraterne, den Radikal Venstre und der Socialistisk
Folkeparti bestand.
Die Regierung von Helle Thorning-Schmidt
hatte jedoch Schwierigkeiten, alle Punkte der Regierungsankündigung
zu erfüllen und wurde beschuldigt, Verhaben aufzugeben, da
beispielsweise angekündigte Sozialleistungen nicht erbracht wurden
und ein vorgemerkter Mutterschaftsurlaub für Männer nicht zustande
gekommen war.
Frederiksen fühlt sich verpflichtet
Die
politische Einigung zwischen der Sozialdemokratischen Partei, der
Radikal Venstre, der Socialistisk Folkeparti und der Enhedslisten
wird von den Parteien selbst als „politische Einigung“V
bezeichnet. Einige Initiativen wurden konkret vereinbart, während es
an anderer Stelle eher lose Formulierungen gibt. Zum Beispiel in
Bezug auf die Frage, was mit der diskutierten Insel Lindholm
geschehen soll, die als „Abschiebeinsel“ vornehmlich von der
rechtspoüulistischen Dansk Folkeparti (Dänische Volkspartei)
durchgesetzt wurde. Im neuen Folketing sind die dänischen „Lwa and
Order Nationalisten“ nur noch als kleines, unbedeutendes Grüppchen
vertreten.
Ganz gleich, wie konkret der Wortlaut ist, die
sozialdemokratische Minderheitsregierung von Mette Frederiksen kommt
dem Abkommen nach, sagt die kommende StatsmMinisterin. „Natürlich
ist dieses die Basis, auf der wir arbeiten werden. Ich fühle mich
diesem Papier verpflichtet und werde sowohl seinem Wort als auch
seiner Absicht treu bleiben“, sagte Mette Frederiksen, ohne näher
darauf einzugehen, was sie unter dem Wort „Absicht“
versteht.
Laut dem Politologen Peter Lautrup-Larsen wird
die neue sozialdemokratische Regierung bei der konstituierenden
Sitzung des Folketing im Oktober wahrscheinlich einen sogenannten
Gesetzeskatalog vorlegen. Es wird wahrscheinlich eine detailliertere
Beschreibung dessen geben, was die Regierung im kommenden Jahr in
Bezug auf neue Rechtsvorschriften unternehmen wird, da derzeit noch
weitere Fragen offen sind.
Denn obwohl die Radikal Venstre und
die Enhedslisten sagen, dass der Plan für die Insel Lindholm, auf
der abzuschiebende Kriminelle leben sollen, fallengelassen wird,
obewohl dieses in der Regierungsvereinbarung nicht speziell
beschrieben wurde. Auf der anderen Seite sind gezielte
Steuererhöhungen vorgesehen, aber zusätzlich auch eine Reduzierung
der Wohnungs- und Schenkungssteuer für Geschäftserben, wobei nicht
genau beschrieben ist, wie genau es erfolgen soll.
Peter
Lautrup-Larsen räumt jedoch auch ein, dass bestimmte Ziele
festgelegt wurden, zum Beispiel in Bezug auf Mindeststandards und
Klima, und dass diese Ziele alles andere als unbewusst und
interpretationsbedürftig sind. „In vielen Bereichen können wir
sehen, was passieren muss und was das bedeutet“, sagt Peter
Lautrup-Larsen.
von
Günter Schwarz – 26.06.2019