(Agrigent / Italien) – In der sizilianischen Stadt Agrigent wurde die „Sea-Watch 3“-Kapitänin Carola Rackete von der italienische Staatsanwaltschaft befragt, der wird unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung vorgeworfen.

Die 31-jährige Deutsche, Carola Rackete, erschien im Justizpalast, während ihre Anhänger vor dem Gebäude demonstrierten und Aktivisten einiger NGOsFlugblätter zur Unterstützung von Rettungsaktionen im Mittelmeer verteilten.

„Menschenleben zu retten, ist kein Verbrechen“, stand auf einem Spruchband der Demonstranten vor dem Eingang des Justizpalasts von Agrigent.

Die Befragung dauerte rund vier Stunden. Eine schnelle Entscheidung, ob es zu einem Prozess kommt oder die Vorwürfe fallen gelassen werden, zeichnete sich aber nicht ab.

Vor der Staatsanwaltschaft sollte die Kapitänin erklären, warum sie die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer rettete, ohne auf die libysche Küstenwache zu warten, und warum sie dann mit ihrem Schiff nicht einen libyschen oder tunesischen Hafen ansteuerte.

Ihr Anwalt Gamberini protestierte gegen die „Kriminalisierung“ von NGOs, die im Mittelmeer Geflüchtete retten. Er warf Innenminister Matteo Salvini vor, ein Klima des Hasses zu nähren. Rackete hatte den Chef der rechtspopulistischen Partei Lega vergangene Woche wegen Verleumdung angezeigt. Salvini hatte die 31-Jährige unter anderem als „Nervensäge“ und „verbrecherische Kapitänin“ bezeichnet und erklärt, Rackete habe „versucht, fünf italienische Soldaten zu töten“.

Nach ihrer Anhörung rief Rackete die EU dazu auf, eine Lösung bei der Verteilung von Migranten zu finden. „Es ist mir sehr wichtig darauf aufmerksam zu machen, dass es gar nicht um mich als Person, sondern um die Sache gehen sollte.“

Tausende von Flüchtlingen seien in einem Bürgerkriegsland und müssten dort dringend evakuiert werden, sagte sie. „Ich erwarte von der Europäischen Kommission insbesondere, dass sie sich möglichst schnell darauf einigt, wie diese Bootsflüchtlinge in Europa aufgeteilt werden sollen.“

Nach Angaben ihres Anwalts ist Rackete nicht mehr Mitglied der derzeitigen Besatzung der „Sea-Watch 3“. Sie mache jetzt etwas anderes, sagte er. Auf die Frage, ob sie nach Deutschland zurückkehren würde, sagte Rackete selbst: „Ja.“

Generell ist es normal, dass die Seenotretter ihre Crew nach Einsätzen austauschen. Die „Sea-Watch 3“ liegt zudem derzeit in Sizilien an der Kette und kann nicht auslaufen.

Die 31-Jährige war am 2. Juli nach der Entscheidung einer Ermittlungsrichterin in Agrigent aus dem Hausarrest entlassen worden. Gegen sie wird wegen Beihilfe illegaler Einwanderung sowie Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und gegen ein Kriegsschiff ermittelt.

Die „Sea-Watch 3“hatte am 12. Juni insgesamt 53 Menschen vor der Küste Libyens von einem Schlauchboot gerettet. Nach 17 Tagen auf See lief das Schiff im Hafen von Lampedusa ein. 13 von den Migranten, darunter Frauen, Kranke und Kinder, waren schon zuvor an Land gebracht worden.

von

Günter Schwarz – 18.07.2019