Der Aarhusianer Bernhard Sindberg ist Thema im Geschichtsunterricht in China. Am Samstag – 36 Jahre nach seinem Tod – wird er auch in Dänemark anerkannt unf geehrt.

Es sind wahrscheinlich nur wenige Dänen, die den Namen Bernhard Sindberg jemals gehört haben. Auf der anderen Seite ist der Name Sindberg in der ehemaligen chinesischen Hauptstadt Nanjing so beliebt, weil hier der Däne ein wichtiger Bestandteil des Geschichtsunterrichts ist.

Vor 82 Jahren rettete Bernhard Sindberg Tausende von Chinesen das Leben, als die Stadt vom japanischen Militär erobert wurde. Bisher wurden seine Taten zu Hause nicht anerkannt, aber eine neue Bronzestatue wird das jetzt ändern.

Bernhard Sindberg in China fotografiert.

Der 26-jährige Bernhard Sindberg kam im Dezember 1937 nach Nanjing, um eine der Zementfabriken von der dänischen Firma „FLSmidt“ zu beaufsichtigen, nur wenige Tage bevor japanische Truppen in die Stadt eindrangen und das sogenannte Nanjing-Massaker begingen.

Um die Tatsache zu kennzeichnen, dass es sich bei der Zementfabrik um fremdes Eigentum handelte, das nicht in den Krieg verwickelt war, hissten Sindberg und sein deutscher Kollege oben auf der Fabrik die dänische und die deutsche Flagge.

Dannebrog und die Nazifahne in Sindbergs Zwischenflüchtlingslager in Nanjing.

Die Japaner interessierten sich weder für einen Konflikt mit Dänemark noch mit dem damaligen nationalsozialistischen Deutschland. Während der Rest der Stadt zerstört wurde, machten die Japaner um die Zementfabrik herum einen Bogen.

Dieses wurde schnell von der chinesischen Bevölkerung bemerkt, und es dauerte nicht lange, bis sich Tausende von Menschen um die Fabrik sammelten.

In sechs Wochen wurden in Nanjing etwa 300.000 Menschen getötet.

Anfangs hat Sindberg kurz über das menschliche Meer vor der Fabrik hinweggeschaut, aber es dauerte nicht lange, bis er sich entschied, einzugreifen und etwas zu tun, sagt der Autor Peter Harmsen, der gerade das Buch „Sindberg“ veröffentlicht hat.

„In den ersten Stunden beschloss er, die Grenze für die wehrlosen Chinesen zu sprengen. Als die Japaner kamen, trat er vor sie hinaus. Nur mit Dannebrog bewaffnet“, erzählt der Autor in „Go‘ tomorrow Denmark“.

Für die nächsten sechs Wochen wurden die Fabrik und ihre Umgebung in ein Flüchtlingslager und ein Feldkrankenhaus umgewandelt.

Sindberg und sein deutscher Kollege Karl Günther haben mehrmals ihr Leben riskiert, als sie aus der Stadt hinausgefahren sind, um für Essen und Medikamente zu sorgen, aber letztendlich haben die beiden mehrere tausend Menschen gerettet.

„Ohne seine Hilfe hätten wir keine Überlebenschance gehabt. Wir hoffen, dass die Güte von Menschen wie Sindberg weiterleben wird“, sagte der damals 82-jährige Wang Yongli 2006 gegenüber „China Daily“. Als Teenager hatte er 100 Tage in der Zementfabrik verbracht.

Die chinesischen Behörden forderten die Einwohner von Nanjing auf, aus der Stadt zu fliehen.

Der Autor Peter Harmsen ist der Meinung, dass Sindbergs Taten mit dem weitaus bekannteren Fabrikanten Oskar Schindler verglichen werden können, der einige Jahre später fast 1.200 Juden vor dem sicheren Tod in den Vernichtungslagern der Nazis rettete, indem er sie in seinen Fabriken anstellte.

„Obwohl beide in Friedenszeiten völlig durchschnittliche Menschen waren, zeigten sie in Kriegszeiten, dass sie aus einer besonderen Substanz bestanden. Sie hatten beide einen moralischen Kompass, den nicht viele von uns haben“, sagt Peter Harmsen.

Bernhard Sindberg gilt aufgrund seiner mutigen Taten in China als Volksheld mit Spitznamen wie „unser Retter“ und „der weiße Buddha“. Es erzählt Xei Fia, die in Nanjing geboren und aufgewachsen ist und heute in Dänemark lebt.

„Sindberg ist für uns ein großer Held, weil er viele chinesische Leben gerettet hat. In China lernen wir ihn in der Schule kennen“, erklärt sie in „Go‘ tomorrow Denmark“.

Der junge Bernhard Sindberg war ein Mann mit Abenteuer im Blut.

Bernhard Sindberg wurde nicht einmal für seine Leistungen ausgezeichnet, denn er verbrachte nicht viele Monate in China, bevor Probleme bei der Zusammenarbeit mit seinem deutschen Kollegen zu seiner Kündigung führten.

Daraufhin wanderte er in die USA aus, wo er amerikanischer Staatsangehöriger wurde und 1983 in Kalifornien starb.

Obwohl er bis zu seinem Tod mit seiner dänischen Familie in Kontakt blieb, sprach er nie viel über die Schrecken von Nanjing.

In Nanjing steht seit vielen Jahren eine Statue von Bernhard Sindberg vor der Zementfabrik.

Seine Geschichte wurde in seiner Heimat erst viele Jahre später ans Licht gebracht, und erst jetzt – 36 Jahre nach seinem Tod – werden seine Heldentaten in Dänemark gefeiert.

Dies geschieht mit einer drei Meter hohen Statue, die nächste Woche im Aarhus Memorial Park, wenige Gehminuten von Bernhard Sindbergs Geburtshaus entfernt, aufgestellt wird. Die Statue wird am Samstagnachmittag um 15:00 Uhr enthüllt.

Hinter der Aufstellung der Statue stehen unter anderem der Verein Dänemark-China und Sindbergs Nichte Mariann Arp Stenvig. „Ich fühle eine stille Freude über die ehrenvolle Anerkennung, die ihm zuteil wird. Diese Statue ist eine herrliche Erinnerung an Bernhard, ein Stadtkind aus Aarhus“, sagt sie.

Es ist Dronning Margrethe II., die die Statue enthüllen wird, die von zwei chinesischen und einem dänischen bildenden Künstler geschaffen wurde.

Nanjing Massaker

  • Das Nanjing-Massaker ist ein japanisches Kriegsverbrechen, das während des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges verübt wurde.
  • Japanische Truppen eroberten am 13. Dezember 1937 Chinas damalige Hauptstadt Nanjing.
  • Es folgte ein sechswöchiges Massaker, bei dem bis zu 300.000 chinesische Zivilisten und Kriegsgefangene von der japanischen Armee ermordet wurden.

von

Günter Schwarz – 27.08.2019