Nach dem Brandanschlag auf die Synagoge in Lübeck in den 1990er-Jahren, die seitdem rund um die Uhr von der Polizei bewacht wird, denkt der Verband der jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein nach dem offenbar antisemitischen Anschlag des 22-jährigen Stephan B. in Halle/Saale über höhere Sicherheitsvorkehrungen nach.

Ein Sprecher der jüdischen Gemeinde sagte, bisher habe man die Türen der Synagogen auch mal offen gelassen – das werde sich aber in Zukunft ändern. Laut Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) haben, zudem nach den Ereignissen von Halle auch die Behörden in Schleswig-Holstein ihre Vorkehrungen verschärfen. „Unsere Polizei hat die Maßnahmen der Lage angepasst intensiviert“, sagte Grote. Die jüdischen Einrichtungen seien ohnehin im besonderen polizeilichen Fokus. Konkrete Angaben zu verschärfende Sicherheitsmaßnahmen wollte die Landespolizei allerdings nicht machen.

Grote sagte, er stehe in engem persönlichen Kontakt mit dem Bundesinnenminister Seehofer (CSU) und seinen Länderkollegen. Laut dem Minister weist der Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein seit Jahren auf die Gefahr hin, dass sich bisher unbekannte Rechtsextreme in Internetforen selbst oder aufgrund den Holocaust verharmlosende Informationen ausländerfeindlicher Parteien, die sich selbst als „demokratisch“ bezeichnen, radikalisieren und dann alleine oder in Kleinstgruppen Straftaten gegen Ausländer und Andersgläubige begehen. Ersten Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden wiesen darauf hin, dass es sich bei dem Attentäter in Halle um einen solchen Einzeltäter handeln könnte, so Grote.

Aus dem Verfassungsschutz im Land heißt es, man baue unabhängig von der Tat in Halle ein Spezialistenteam auf, das extremistische Bestrebungen im Netz aufspüren soll. Schwerpunkt sei derzeit der Rechtsextremismus, der zunehmend aus den Reihen einer „alternativen Partei“ gezielt „salonfähig“ gemacht wird und auf die Mitte der Gesellschaft abzielt,

Die Kultusministerin Karin Prien (CDU), deren jüdische Großeltern Anfang der 1930er-Jahre aus Deutschland geflohen waren, will sich kurzfristig mit den Vertretern der jüdischen Gemeinden treffen, um über die Verbesserung der Maßnahmen gegen Antisemitismus und Prävention gegen Rechtsextremismus schon in der Schule zu beraten. „Sicherheit für Jüdinnen und Juden in Schleswig-Holstein muss wie für jeden anderen Bürger auch eine Gewissheit sein, dass jüdisches Leben nie wieder alleingelassen wird“, sagt sie.

von

Günter Schwarz – 10.10.2019