Mit den Worten „Leiden zu lindern, Wunden zu heilen, aber auch Tote zu ehren, Verlorene zu beklagen, bedeutet Abkehr von Hass, bedeutet Hinkehr zur Liebe, und unsere Welt hat die Liebe not.“ erinnerte der damalige Reichspräsident Paul Löbe (SPD) 1922 im Berliner Reichstag an das Leid der Menschen im und nach dem ErstenWeltkrieg. Seitdem begehen die Deutschen zwei Sonntage vor dem 1. Advent der Volkstrauertag und gedenken ihrer Opfer aus den Kriegen und von Gewalttatherrschaften aller Nationen.

Die Flaggen an öffentlichen Gebäuden wehen auf Halbmast, Tanz- und Musikveranstaltungen sind an diesem „stillen Feiertag“ nur mit Einschränkungen erlaubt.

Seit 1926 war der Volkstrauertag in den meisten Ländern des Deutschen Reichs ein offizieller Gedenktag. Der Termin lag zunächst auf dem Sonntag Reminiszere, fünf Wochen vor Ostern. 1934 erklärten die Nationalsozialisten den Volkstrauertag per Gesetz zum Staatsfeiertag und benannten ihn in „Heldengedenktag“ um.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge erneut für einen nationalen Gedenktag für die Kriegstoten ein. Im Bundestag gab es jedoch 1949 keine Zustimmung für einen nationalen Trauertag. Schließlich empfahl ein breites Bündnis aus Politik, Kirchen und den Bundesländern, den zweiten Sonntag vor dem ersten Advent als Volkstrauertag zu schützen. Eine Woche später gedenkt die Evangelische Kirche mit dem Toten- oder Ewigkeitssonntag aller Verstorbenen. Als gesetzlicher Feiertag gilt der Volkstrauertag nicht.

In der DDR gab es am zweiten Sonntag im September einen „Internationalen Gedenktag für die Opfer des faschistischen Terrors und Kampftag gegen Faschismus und imperialistischen Krieg“.

Seit 1950 findet im Deutschen Bundestag eine zentrale Feierstunde zum Volkstrauertag statt, an der auch der jeweilige Bundespräsident sowie die Bundeskanzlerin teilnehmen. Offizieller Veranstalter ist der Volksbund. Traditionell spricht der Bundespräsident dabei das sogenannte Totengedenken, das mit den Worten „Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker…“ beginnt.

Zuvor legen Vertreter aller Verfassungsorgane in der Neuen Wache in Berlin Unter den Linden, der zentralen Gedenkstätte Deutschlands für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, Kränze nieder. König Friedrich Wilhelm III. ließ die Neue Wache zwischen 1816 und 1818 als Wachhaus für die Wache des Königs und Gedenkstätte für die Gefallenen der Befreiungskriege und der Napoleonischen Kriege errichten.

Auch in vielen anderen Städten und Gemeinden gedenken Menschen an Mahnmalen und mit Feierstunden der Opfer.

von

Günter Schwarz – 17.11.2019