(Silkeborg) – Mehrere jüdische Familien sind auch in Dänemark Schikanen ausgesetzt, wagen es aber nicht, sich dagegen zu wehren, da sie die Folgen fürchten, glaubt die Jüdische Vereinigung.

In Dänemark entspringen die geistigen Väter des Juden- und Fremdenhasses vornehmlich nationalistisch rechtspopulistischen Parteien wie der „Dansk Folkeparti“ (Dänische Volkspartei) und dem „Stram Kurs“ (Strammer Kurs), die sich ähnlich politisch verwirrt und unsachlich äußern, wie es in Deutschland bei der AfD, NPD und weiteren „Volksretter-Gruppierungen“ der Fall ist.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass jüdische Familien auch in Dänemark antisemitischen Belästigungen und auf Hass begründeten Beleidigungen ausgesetzt sind, so der Dänisch-Israelische Verband. Die Jüdische Vereinigung möchte das Wissen über Israel und die jüdische Kultur verbreiten. „Aber viele Familien trauen sich nicht aufzustehen und aktiv zu werden“, sagt der Vorsitzende Henrik Chievitz aus Silkeborg.

„Ich denke, viele Juden entscheiden sich für ein ruhiges Leben. Und deshalb sehen sie die Hassverbrechen, denen sie ausgesetzt sind, zurückhaltend und erdulden sie. Niemand wage es, sich zu melden, weil sie befürchten, was dann weiter noch passieren könnte“ sagt er.

Am Briefkasten der Familie Chievitz wurde in der Nacht zum 10 November díeser „Juden-Stern“ angebracht.

In der Nacht vom Samstag, dem 10. November, wurden Henrik Chievitz und seine jüdische Frau Ella Chievitz in Silkeborg antisemitisch belästigt. Der Tag war der 81. Jahrestag der Reichsprogromnacht oder der „Kristallnacht“, wie er in rechten und in Nazikreisen genannt wird. Die Nazi-Bezeichnung erhielt die Nacht nach den großen Mengen Glasscherben, die auf den deutschen Straßen lagen, nachdem die Nazis mit ihren braunen Horden noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs 1938 jüdische Geschäfte, Synagogen, Schulen und Häuser zerstörten sowie ca. 800 Mitbürger jüdischen Glaubens ermordeten.

Und gerade in der Nacht wurde die Familie Chievitz von der Nachricht geweckt, dass jemand im Schutz der Dunkelheit der Nacht einen „Juden-Stern“ auf ihren Briefkasten geklebt hatte. „Ich war wirklich sauer. Es ist ein Symbol für Mord. Es ist ein Symbol für 6 Millionen Juden, die geschlachtet wurden, nur weil sie Juden waren“, sagte Ella Chievitz.

Die Nachbarn einer jüdischen Familie in Silkeborg halten es für angebracht, gegen feindliche Handlungen gegenüber Juden vorzugehen. Kamilla Lundager organisierte in Silkeborg einen Fackelzug für die betroffene Familie, an der ca. 300 Bürger teinahmen.

Auch die 15-jährige Rebecca und ihre Familie berichteten am Samstag in der Tageszeitung „Berlinske“, dass sie antisemitischen Belästigungen und Hassverbrechen ausgesetzt waren, weil der Vater Jude ist. Der Familie zufolge wurde es so schlimm, dass Rebecca mehrmals die Schule wechseln musste. Die Familie sagt, dass sie es mehrmals in den Medien veröffentlichen lassen wollte, aber stets abgewiesen wurde. Am Samstag versuchten sie trotzdem erneut, weil sie sich endlich Gehör verschaffen wollten.

„Wir fühlten uns von zwei Schulen und auch von der Polizei im Stich gelassen. Es gab keinerlei Hilfe. Eine Anzeige bei der Polizei entspricht in etwa der Anzeige eines gestohlenen Fahrrads. Es passiert nichts, denn wir sind gerade einmal zu Statistiken geworden. Wir sind schockiert“, sagte ihr Vater Michael zu Berlingske, der aus Sicherheitsgründen seinen Nachnamen nicht nennen möchte.

Henrik Chievitz hat Geschichten von Familien gehört, die auf ihrem Grundstück ein Hakenkreuz gemalt bekommen haben. Aber es gab auch gewalttätige Zwischenfälle, bei denen einem Mädchen die Haare in Brand gesteckt wurden. Aus diesem Grund hält Henrik Chievitz es für wichtig, dass die betroffenen Menschen so etwas öffentlich machen.

„Ich finde es so schön, dass sie aufstehen und sich wehren. Wenn das aufhören soll, müssen wir darüber Debatten beginnen, dass so etwas nicht in Ordnung ist. Es ist unsere Erfahrung, dass es leichter zu verhindern ist, wenn wir darüber sprechen und uns auf unsere Gleichberechtigung berufen“, sagt er.

Henrik und Ella Chivitz haben nach eigenen unangenehmen Erfahrungen Videoüberwachungs- und Alarmsysteme in ihrem Haus installiert.

Eine Familie in Silkeborg ist im November mit einem Juden-Stern an ihrem Briefkasten aufgewacht, der die Gedanken an den Nationalsozialismus wachruft.

von

Günter Schwarz – 23.11.2019