(Hanau) – Die akuten Probleme Deutschlands mit Rechtsextremismus sind den Politikern jetzt klar, schätzen unter andern dänische Korrespondenten, die über den gestrigen ausländerfeindlichen Mordanschlag in Haunau berichten. Für diese Korrespondenten ist klar, dass die Alternative für Deutschland vom Verfassungsschutz überwacht werden sollte.

Der Generalsekretär der SPD, Lars Klingbeil, ist nach dem Anschlag am Mittwoch im Frankfurter Vorort Hanau, bei dem neun Menschen ums Leben kamen, dazu bereit.

Der Angriff, der als rechtsextremistischer Terror untersucht wird, ereignete sich am Mittwochabend um 22:00 Uhr, als ein 43-jähriger Deutscher zuerst das Feuer auf ein Shisha-Café und dann auf einen Kiosk eröffnete, bevor er seine 72-jährige Mutter und anschließend sich selbst erschoss.

Laut Lars Klingbeil hat die Alternative für Deutschland (AfD) maßgeblich zur „Bewaffnung des Täters“ beigetragen, sagte er gegenüber „Frankfurter Allgemeine“. „Diese Partei hat unsere Gesellschaft in den letzten Monaten und Jahren vergiftet“, fährt Lars Klingbeil fort, der hofft, dass die Überwachung der AfD bald Realität wird.

Iskender Muhammad war mit einigen Bekannten in dem Shisha-Café, als ein Mann plötzlich hineinstürmte und anfing zu schießen.

„Die politischen Waffen der AfD sind Hass“, sagt der Grüne Cem Özdemier, der das politische Deutschland auffordert, die AfD nach dem Angriff am Mittwoch vom politischen Leben völlig auszuschließen. Viele glauben jedoch, dass dieses bereits der Fall ist – die AfD hat ernsthafte Probleme, einen wirklichen Einfluss auf die deutsche Politik zu erlangen.

Das jüngste Beispiel hierfür liegt vor einigen Wochen, als der neu ernannte thüringische Ministerpräsident Thomas Kemmerich mit Unterstützung der AfD in sein Amt gewählt wurde. Eine Entscheidung, die von Bundeskanzlerin Angela Merkel als „unverzeihlich“ bezeichnet wurde und kurz darauf musste Kemmerich weniger als 24 Stunden nach seiner Wahl seinen Rücktritt bekanntgeben.

Der Parteivorsitzende der AfD, Jörg Meuthen, bestreitet, dass die Partei durch ihre Ansichten und Meinungen zur Einwanderung den Boden für rassistisch motivierte Angriffe wie den in Hanau geebnet hätte. „Es gibt weder links- noch rechtsbezogenen Terrorismus, dies ist nur das Ergebnis der Tat eines kranken Mannes“, sagt er. Diese Aussage wird von dem anderen AfD-Führer, Alexander Gauland, unterstützt, der nicht glaubt, dass die AfD für den Angriff in Hanau verantwortlich gemacht werden kann.

Letzte Nacht wurden an vielen Orten in Deutschland Gedenken an den Anschlag abgehalten.

Leider ist der Angriff in Hanau alles andere als der einzige Fall von Angriffen, der in Deutschland durch Rassismus und antisemitische Einstellungen motiviert zu sein scheint. Es ist nicht mehr als vier Monate her, dass eine Person im Zusammenhang mit einem Angriff auf eine Synagoge in der Stadt Halle zwei Menschen erschossen hat. Der Täter, der Juden angreifen wollte, stellte den Angriff live über Social Media ins Netz. Und im vergangenen Juni wurde im Sommer der deutsche Politiker Walter Lübke, der sich bereit erklärte, die deutschen Einwanderungsgrenzen zu öffnen, von einem vermeintlichen Neonazi liquidiert und geradezu auf der Terrasse vor seinem Haus hingerichtet wurde.

Laut dem deutschen Korrespondenten von Danmarks Radio in Deutschland, Michael Reiter, scheint der Angriff am Mittwoch in Hanau der Tropfen gewesen zu sein, der das Fass deutscher Politiker zum Überlaufen gebracht hat.

„Es ist, als wäre gestern ein Film gerissen. Den deutschen Politikern scheint jetzt endlich klar zu sein, dass man sich einem wachsenden, akuten Problem des Rechtsextremismus gegenübersieht, der nicht von alleine verschwindet“, sagt er.

Neben den tödlichen Angriffen der Vergangenheit werden im Zusammenhang mit diesem Fall auch der Rechtsextremismus in der deutschen Polizei und im deutschen Militär aufgedeckt. Noch im Januar dieses Jahres schätzten die deutschen Sicherheitsbehörden, dass mindestens 500 Soldaten des deutschen Militärs als Rechtsextremisten verdächtigt werden.

„Es ist kein Theater oder etwas aus einem Hollywood-Film, was von den Behörden untersucht wird. Und genau deshalb wird Innenminister Horst Seehofer jetzt gegen diese Strukturen vorgehen“, sagt DR-Korrespondent Michael Reiter.

von

Günter Schwarz – 21.02.2020